Terra Nova gilt als kleiner Bruder bzw. kleine Schwester des beliebten Brettspiels Terra Mystica. Ich muss zu meiner Schande zugeben, dass ich Terra Mystica bisher noch nicht gespielt habe, weshalb mir ein Vergleich an dieser Stelle schwerfällt.

Terra Nova bedeutet so viel wie „Neues Land“ und die Erschließung dessen ist Inhalt des Spiels. Ihr spielt mit einem von zehn Völkern und versucht euch auf dem Planeten auszubreiten und anzusiedeln. Das gelingt euch mehr oder weniger gut, denn jedes Volk benötigt ein individuelles Terrain, um sesshaft zu werden.

Dementsprechend müssen fremdartige Landschaften bewohnbar gemacht werden, damit auf diesen gesiedelt werden kann. Dazu stehen jedem Volk individuelle Fähigkeiten zur Verfügung, die es geschickt einzusetzen und zu kombinieren gilt. Terra Nova entspricht im Großen und Ganzen seinem Vorgängerspiel, jedoch wurde es an vielen Stellen entschlackt und vereinfacht, um einen besseren Spielfluss und Zugang zu gewährleisten.

Was steckt drin

Neben einem großen doppelseitigen Spielplan (Rückseite für 2 Personen) sind vor allem die 5 Völkertableaus interessant, da diese individuell an das Volk (insgesamt zehn Völker) angepasst sind. Daneben befinden sich noch Vorteilsplättchen, Rundenwertungsplättchen, Münzen, Landschaftsplättchen, Spielsteine, Gebäude und mehr in der Verpackung. Man kann behaupten, die Ausstattung ist sehr üppig und die Materialien fühlen sich hochwertig an. Leider gibt es kein sinnvolles Kartoninlay, aber dafür wurden viele Tütchen zum Verpacken mitgegeben.

Spielvorbereitung

Den kompletten Spielaufbau zu erklären, würde den Rahmen sprengen. Dennoch möchte ich auf ein paar Besonderheiten eingehen.

Am Wichtigsten ist natürlich der Spielplan, der die Welt und deren Landschaftsverteilung (hexagonale Felder) zeigt. Es gibt fünf Landschaftstypen (Wald, See, Sumpf, Wüste und Ödland), welche zufällig verteilt abgedruckt sind. Weiterhin gibt der Spielplan eine Übersicht darüber, welche Machtaktionen und Vorteilsplättchen für die Runde zur Verfügung stehen.

Jeder Spieler sucht sich ein Volk aus und nimmt sich das entsprechende Tableau. Dieses bildet zusammen mit dem Spielplan den Mittelpunkt des Spiels, da alle wesentlichen Informationen darauf abgebildet sind. So sieht man in der linken unteren Ecke, welches Terrain das Volk zum Siedeln bevorzugt und wie hoch die Kosten sind (in Form von Schaufeln bzw. Geld), um unpassierbares Gelände umzuwandeln (Terraformen).

Zu Beginn darf man bereits zwei Häuser in seiner Heimatregion bauen. Im oberen linken Bereich ist die Spezialfähigkeit des Volkes abgebildet und rechts daneben in den drei Schüsseln der Machtkreislauf (dazu später mehr). Darunter findet man die Schifffahrtsleiste, die – je ausgebauter sie ist – unsere Siedlungsreichweite über Wasser repräsentiert. Schließlich befinden sich im unteren rechten Teil die Übersichten für die einzelnen Gebäude.

Zu Beginn hat man bereits zwei Gebäude gebaut (Startpositionen). Nach und nach werden immer mehr Gebäude entfernt und decken die darunter liegenden Felder auf. Sobald diese aufgedeckt sind, verschaffen sie dem Spieler Einkommen oder spezielle Aktionen. Es lohnt sich daher zu bauen bzw. upzugraden.

Wie viele Münzen und Macht man genau zu Spielbeginn erhält, ist bei jedem Spieler unterschiedlich und richtet sich nach seinem Volk.

Spielverlauf

Das Spiel verläuft über 5 Runden, wobei jede Runde aus 3 unterschiedlichen Phasen besteht.

Phase 1: Einkommen
Dieses ist immer durch eine geöffnete Hand erkennbar und bringt dem Spieler Münzen und Macht zu Beginn der Runde. Nach und nach baut man Gebäude und erhält so immer mehr Einkommen, was immer von Vorteil ist.

Phase 2: Aktionen
Das ist die Hauptphase, in der jeder Spieler abwechselnd so lang eine Aktion spielt, bis er passen muss. Ich möchte die einzelnen Aktionen kurz vorstellen.

1) Bewohnbar machen und bauen

Hier darf man auf einer seiner Heimatlandschaften in Reichweite 1 Haus bauen. Die Reichweite richtet sich hauptsächlich danach, wie weit die Schifffahrt reicht und ob bereits Gebäude gebaut wurden. Ein freies Feld neben einem eigenen Gebäude zählt immer als in Reichweite.
Alternativ kann man eine Landschaft terraformen. Dazu muss man je nach Typ eine oder zwei Schaufeln einsetzen, die natürlich bezahlt werden müssen. Immerhin darf man darauf sofort ein Haus bauen, muss aber auch dessen Kosten bezahlen.

2) Gebäude aufwerten

Man darf anfangs nur Häuser bauen. Möchte man auch höherwertige Gebäude errichten, muss man Bestehende aufwerten, was entsprechend teuer ist. So wird aus einem Haus ein Kontor und später daraus ein Palast. Das alte Gebäude wird dabei wieder auf das Spielertableau gelegt wodurch sich die Einkommensvorteile verändern.

3) Schifffahrt verbessern

Der Wert der Schifffahrt gibt die Reichweite über den Fluss an, um neue Landschaften zu erschließen. Außerdem gewährt es noch einen Bonus, wenn man auf der Leiste voranschreitet.

4) Brückenbau

Um einen Fluss zu überqueren, kann man auch Brücken bauen. Diese sind beispielsweise wichtig, wenn man eine Stadt gründet. Eine Stadt wird automatisch gegründet, wenn mindestens 4 eigene miteinander benachbarte Gebäude verbunden sind und diese über einen Stadtwert von mindestens 7 verfügen. Dabei hat jedes Gebäude einen Wert (1-3). Als Belohnung erhält man ein selbst gewähltes Stadtplättchen, welches einen einmaligen Vorteil mit sich bringt, meist in Form von Münzen oder Siegpunkten.

5) Machtaktionen

Auf dem linken Teil des Spielplans sind die allgemein verfügbaren Machtaktionen abgebildet, die einem einen Vorteil gewähren. Beispielsweise darf man einmalig günstiger Terraformen oder Bauen. Dazu benötigt man jedoch Macht. Der Machtkreislauf besteht aus drei Schalen auf dem Spielertableau. In der untersten 1. Schale ist die verbrauchte Macht. Die Machtsteine müssen erst durch Aktionen bzw. in der Einkommensphase in die 2. Schale gehoben werden. Diese steht sinnbildlich für die Macht, die gerade gesammelt wird. Erst wenn diese voll ist, darf die Macht in die 3. Schale gelegt werden. Das ist die entladbare Macht, welche letztendlich ausgegeben werden kann und danach wieder in die 1.Schale zurückfällt. Dieser Kreislauf muss stets eingehalten werden, ermöglicht jedoch auch eine eigene Spielstrategie, denn man kann auch auf Macht gut spielen.

6) Sonderaktionen

Dies sind spezielle Aktionen, beispielsweise wenn man einen Palast gebaut hat und dann diese Palastaktion spielen möchte. Sie sind kostenlos und gewähren entsprechende Vorteile.

7) Machttausch

Wer in Geldnöten ist, darf hiermit Macht aus Schale 3 in Münzen umwandeln. Dies ist eine Sonderaktion und darf jederzeit zusätzlich gespielt werden.

8) Passen

Wenn man nichts mehr machen möchte oder kann, bleibt nur noch passen. Erst wenn alle Spieler gepasst haben, beginnt die letzte Phase.

Phase 3: Rundenende
Diese stellt die Vorbereitung für die nächste Runde dar. Es werden Marker wieder zurückgesetzt, nicht genutzte Vorteilsplättchen mit jeweils einer Münze bestückt und das Rundenwertungsplättchen der aktuellen Runde wird umgedreht.

Spielende

Das Spiel endet nach der 5. Runde. Danach gibt es noch eine Schlusswertung. So werden noch das verbliebene Geld und die Anzahl eurer in Reichweite verbundenen Gebäude gewertet. Wer am Ende die meisten Siegpunkte besitzt, hat sein Volk perfekt auf den neuen Planeten angesiedelt und gewinnt die Partie.

Fazit

Ich betrachte an dieser Stelle Terra Nova ganz nüchtern, da ich Terra Mystica nicht gespielt habe. Über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede kann ich daher wenig sagen. Was ich aber sagen kann ist, dass Terra Nova ein gelungenes Spiel ist.

Beginnen wir beim Material. Dieses fühlt sich hochwertig an und ist passend illustriert. Der Pappanteil ist zwar hoch, aber auch Holzfiguren sind enthalten. Leider besitzen alle Völker die gleichen Gebäude nur in unterschiedlichen Farben. Hier hätte man mehr herausholen können und dem Spiel einen authentischeren Touch verleihen können. Das ist zwar für den Spielfluss unbedeutend, aber für das Feeling wünschenswert gewesen.

Die einzelnen Völker sind dafür sehr individuell und spielen sich auch genauso verschieden. Insgesamt liegen dem Spiel 10 verschiedene Völker mit ihrem ganz eigenen Völkertableau bei. Das bringt sehr viel Abwechslung ins Spiel und sorgt für ganz unterschiedliche Strategien. Zum Glück nimmt uns Terra Nova hier an die Hand und gibt eine Empfehlung für die erste Runde (je nach Spieleranzahl) mit. Großartig!

Trotz vielfältiger Aktionsmöglichkeiten ist das Spiel stets sehr übersichtlich. Anfangs hat man vielleicht noch keine Strategie, aber je öfter man es spielt, umso mehr durchblickt man es. Es kommt aber wie so oft auch auf die Mitspieler und deren Vorgehen an. Hier lässt Terra Nova viel Gestaltungsspielraum und auch ein späterer Taktikwechsel ist möglich und kann zum Sieg führen. Insgesamt ist das Spiel sehr Strategie lastig, wenn man es denn so spielen möchte. So lassen sich durch geschicktes Kombinieren der Aktionen viele Boni mitnehmen und auch das anfangs zufällig gezogene Rundenwertungsplättchen (welches jede Runde einen Bonus auf bestimmte Aktionen gewährt) sorgt für einen stets abwechslungsreichen Spielfluss.

Vor allem der Mechanismus des Machtkreislaufes ist spannend, da man einerseits Macht für Vorteile nutzen kann, aber stets den Kreislauf (erst alles von Schale 1 in 2, dann erst in 3) im Blick haben muss. Oftmals entbrennt ein regelrechtes Rennen darüber, wer wie viel Macht hat und die Machtaktion als Erstes nutzen kann. Denn wenn diese genutzt wurde, ist sie für die aktuelle Runde nicht mehr verfügbar. Es herrscht daher nicht nur beim Bauen ein gewisser „Zeitdruck“.

Schön finde ich zudem, dass sich ein klarer Sieger nicht schon zu Beginn herauskristallisiert. Manche Strategien benötigen ihre Zeit und am Ende kann sich nochmal einiges ändern. Es bleibt daher stets spannend.

Doch für wen eignet sich Terra Nova? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Für Neueinsteiger in den Genre Strategiespiele spreche ich eine klare Kaufempfehlung aus und auch für diejenigen, die Terra Mystica lieben, werden mit dieser Version sicherlich ihren Spaß haben, denn sie ist etwas entschlackt und lasse sich dadurch deutlich flüssiger und schneller spielen.

Das Mindestalter beträgt 12 Jahre, was ich für machbar halte, aber als Familienspiel sehe ich Terra Nova nicht! Dazu ist der Planungs- und Strategieanteil zu hoch und man muss die Eigenarten der Völker verstehen und auch nutzen können. Bei Gelegenheitsspielern sehe ich das weniger dramatisch. Sicherlich muss man die Regeln nach einiger Zeit nochmal überfliegen, doch ist der Grundmechanismus gut verständlich, so dass man auch nach einigen Wochen wieder gut ins Spiel kommt.

Mit einer durchschnittlichen Spielzeit von ca. 2 Stunden ist es auch angenehm lang und dennoch nicht zu kurz. Für eingefleischte Strategen wird Terra Nova jedoch wiederum nicht tiefgründig genug sein. Wer ins letzte Detail planen möchte und noch mehr Möglichkeiten sich wünscht, sollte vermutlich beim Original bleiben.

Alles in allem bietet Terra Nova spannende Spielrunden mit hohem Strategieanteil und solidem Fundament. Es eignet sich sehr gut für Neueinsteiger, die mit dem Genre noch wenig Berührung haben, aber dennoch etwas anspruchsvolleres suchen. Optisch hätte man durchaus noch etwas mehr herausholen können (z. B. eigene Gebäude pro Volk), aber allein die Eigenarten der vielen Völker und unterschiedlichen Spielvarianten machen Terra Nova zu einem abwechslungsreichen und spannenden Spiel. Ich kann daher mit guten Gewissen eine klare Kaufempfehlung aussprechen.

Name: Terra Nova
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer:  60 – 90 min
Autor(en): Andreas Faul, basierend auf dem Spiel von Helge Ostertag und Jens Drögemöller
Verlag: Kosmos

Terra Nova
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