Bild: EInsruch - Duell der Anwälte Wenn man wie ich mit einer Juristin verheiratet ist und die Paten der Kinder ebenfalls renommierte Anwälte sind, springt ein Spiel mit dem Titel “Einspruch, Duell der Anwälte” sofort ins Auge und stößt auf Interesse. Es stellt sich die Frage, was sich dahinter verbirgt, Wie gut ist ein “Gerichts” – Szenario in diesem Spiel umgesetzt und werden wir wirklich vom Spielgefühl her in eine anwaltliche Auseinandersetzung bzw eine Gerichtsverhandlung versetzt?

Komponenten

Zunächst einmal ist zu erwähnen, dass dieses Spiel eine ganze Weile auf unserem “Pile of Shame”, dem Stapel der noch nicht gespielten Spiele, lag, nachdem wir im ersten Ansatz das Spiel nicht so richtig ans Laufen bekamen. In diesem Fall erwies sich das aber als günstig, denn wir erhielten inzwischen einen Satz korrigierter Karten vom Verlag, der einige falsch gedruckte Karten des Spiels austauschen sollte. In neueren Auflagen sind die Karten dem Spiel bereits beigefügt.

Dazu ist zu sagen, dass die Fehler offenbar von einer Spiele Community aufgedeckt wurden, die dem Spiel eine Chance geben wollten. Das sollte bei einer soliden redaktionellen Arbeit eigentlich nicht in diesem Ausmaß passieren. Nun gut, wir hatten etwas mehr Aufwand beim Spielaufbau, aber das ist hoffentlich zuträglich für das Spiel.

Einspruch Duell der Anwälte ist ein Kartenspiel für 2 Spieler, das zwei verschiedene Szenarien beinhaltet. Ein Spieler übernimmt dabei die Rolle des Anklägers, der andere wird der Verteidiger. Beide erhalten ein entsprechend abgestimmtes Deck. Für den zu behandelnden Fall wird das passende Prozess – Deck herausgesucht. Die beiden im Spiel enthaltenen Fälle haben jeweils auch eine spezifische Aufbauanleitung.

Die Spieler entscheiden sich für einen bestimmten Fall. Dem Grundspiel sind Fall 00 “Die Kunst des Verbrechens” und Fall 01 “Die Fairmont Tragödie” beigelegt, die je eine gesonderte Siegbedingung haben. In der Mitte des Tisches werden eine Richter – Karte und die für den jeweiligen Fall relevanten Zeugenkarten beider Verhandlungs- Seiten ausgelegt. 

Ebenfalls werden die Geschworenen ausgelegt, denen zufällig eine bestimmte Neigung zugelost wird. Die eine Hälfte der Geschworenen ist eher der anklagenden Seite zugeneigt, während die andere Hälfte eher der Verteidigung eine Chance gibt. Während des Spiels können die Spieler aber nun die Geschworenen jeweils auf ihre Seite ziehen. .

Vervollständigt wird die Auslage mit dem Prozess –  Deck, in dem weitere Zeugen und Beweismittel enthalten sind. Dieses Deck wird in drei gleiche Teile aufgeteilt: einer für die Anklage, einer für die Verteidigung, der letzte als “verborgene Beweisstücke”. Anfangs können diese Decks einfach zufällig verteilt werden, später empfiehlt es sich, einen Draft Mechanismus zu verwenden, um  sein Startdeck etwas besser abstimmen zu können. 

Spielablauf

Der Ankläger spielt also nun gegen den Verteidiger. Beide Spieler besitzen ein Deck mit verschiedenen Kartentypen wie Beweisstücke, Argumente oder oder Methoden. Durch Ausspielen von Karten erhalten sie Einflusspunkte, die sie später einlösen können, um die Geschworenen auf ihre Seite zu bringen. Für einen Geschworenen der Kategorie 1 wird nur ein Einflusspunkt benötigt, einer der Kategorie sechs kostet jedoch bereits 6 Punkte.

Ein Spielrunde beginnt jeweils mit der Befragung eines Zeugen, wobei das Wort “Befragung“ hier nicht allzu wörtlich genommen werden darf, denn es handelt sich eigentlich um das Anlegen bestimmter sogenannter Neigungssymbole, von denen es insgesamt sechs verschiedene gibt. An beiden Kartenseiten des Zeugen befinden sich verschiedene dieser Symbole und es darf immer nur eine Karte angelegt werden, die mit mindestens einem Symbol übereinstimmt. Die dann folgende Karte muss dann an ein Symbol der zuvor gelegten Karte passen usw, bis beide Spieler passen müssen, weil sie keine Handkarten mehr haben oder keine Karte mehr anlegen können oder wollen.

Die durch das Anlegen erworbenen Einflusspunkte werden mit einem Zähler festgehalten und nun miteinander verglichen. Der Spieler, der mehr Einflusspunkte gesammelt hat, gewinnt die Zeugenbefragung und darf den Zeugen vor sich ablegen. Die Differenz der Einflusspunkte darf der Sieger der Runde dann einsetzen, um Geschworene zu beeinflussen und auf seine Seite zu bringen. 

Ergänzt und abwechslungsreich wird dieser Spielverlauf dadurch, dass es beiden Spieler möglich ist, Einspruchsmarker zu verwenden, um das Auslegen einer Karte des Gegners zu verhindern sowie Karteneffekte zu spielen, um die Anzahl der Einflusspunkte zu variieren oder auf andere Bereiche des Spiels Einfluss zu nehmen, wie beispielsweis das Nachziehen von Karten aus dem Deck oder dem Ablagestapel. 

Fassen wir also mal die einzelnen Spielphasen zusammen:

  1. Zeugen aufrufen
  2. Zeugenbefragung
  3. Zeugenbefragung beenden

Einspruch, Duell der Anwälte ist sehr thematisch ausgelegt ist. Übersetzt man diese Phasen in abstraktes “Spielerdeutsch”, kommt Folgendes heraus: 

  1. Aktivierung der Runde durch Auswahl der Rundenkarte. 
  2. Anlegen von Karten, Aktionen und Effekte ausführen
  3. Auswertung der Einflusspunkte, Ermittlung des Rundensiegers, Rundenende

Der thematische Aspekt ist tatsächlich eine Besonderheit, denn es ist gelungen, viele Elemente einer juristischen Auseinandersetzung unterzubringen, wie z.B. die Befangenheit des Richters, die Einflussnahme auf Zeugen und Geschworene, Die Verwendung von Beweisstücken, Argumenten, Rederechten oder eben den Einsprüchen. Ohne diese thematische Tiefe wäre das Spiel ein abstraktes Farben – Anlegespiel, das ein wenig an eine Patience erinnert.  

Die Anleitung

Die Anleitung von Einspruch, Duell der Anwälte ermöglicht es erfahrenen Spielern, das Spiel zu erlernen. Leider aber gibt es einige Mängel, die insbesondere bei unerfahrenen Spielern für unnötige Verwirrung sorgen können.  Beispielsweise findet die Zusammenstellung der Prozessdecks  vor dem eigentlichen Spiel in einer Art Draft statt. Alternativ kann man die Karten aber auch einfach austeilen. Auf der Übersichtskarte sieht dies aber so aus, als ob es eine Phase in jeder Runde ist. Der Draft ist aber ein sehr wichtiges Element des Spiels, sollte daher mit mehr Sorgfalt erklärt werden.  

Insgesamt vermissen wir bei der Anleitung eine klare Struktur und höhere Genauigkeit bei den Begriffen. Das Spiel ist beispielsweise aus unserer Sicht keinesfalls asymmetrisch ausgelegt, wie in der Anleitung angegeben. Beide Spieler verwenden die gleiche Spielmechanik und tun grundsätzlich das Gleiche, außer dass auf den Karten die Aktionen und Funktionen variiert werden. Das reicht aber nicht für echte asymmetrische Spielweise, wie wir es aus Titeln wie Android Netrunner oder Root kennen.  

Wichtige Regeln zum Umgang mit den Geschworenen –  Karten werden als “Weitere Regeln” im Anhang erklärt, anstatt als Hauptbestandteil der Spielmechanik. Zudem gibt es noch einen eher unvollständigen Teil “Kartenerklärungen” und ein Glossar, dass sich überhaupt nicht auf die Übersetzung der juristischen Begriffe in Spielbegriffe bezieht, damit Nicht- Juristen hier ein besseres Verständnis haben.  

Solo – Modus 

Einspruch, Duell der Anwälte kann auch im  Solo- Modus gespielt werden. Dabei übernimmt ein Automa  die Rolle eines der beiden Spieler. Würfel entscheiden dann, ob Aktionen ausgeführt werden ob ob der Automa passt. Das hat insgesamt ganz gut funktioniert. Allerdings ist hier der Glücksfaktor deutlich höher als er sowieso schon im Spiel zu zweit ist.

Fazit 

Könnte man das Spiel einem Juristen schenken, der gelegentlich spielt? Die Antwort ist: jein. Das Thema wurde gut umgesetzt, so dass Personen mit juristischem Hintergrund sicher Gefallen an den vielen fachlichen Bezeichnungen finden.  Das Spielerische ist aber für einen weniger versierten Spieler nicht klar genug erklärt. 

Dabei sind die Grundelemente des Spiels gar nicht so schwer zu verstehen. Wir haben es mit einem Patience – ähnlichen Anlegespiel zu tun, das durch die Varianz der Prozessdeckes einiges an Abwechslung bietet, auch wenn hier atmosphärisch nur die Illustration, die Flavourtexte und das Storytelling über die Fälle eine Rolle für das Jura – Thema spielen, nicht aber die Mechanik selbst. Ich bin aber eh kein Jurist, sondern reiner Spieler und mag solche Art Spiele, daher wird es in meiner Sammlung bleiben.

Erscheinungsjahr: 2020
Verlag: Giant Roc
Autoren: Samuel W. Bailey, Mike Gnade
Spieler: 1-2
Alter ab 12 Jahren

Einspruch – Duell der Anwälte
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