2006 erschien die erste Version von Descent – Die Reise ins Dunkel, welche dann 10 Jahre später eine zweite Edition erhielt. Das hier vorliegen Descent – Legenden der Finsternis ist mit diesen Versionen nicht kompatibel, hat aber der Grundprinzip beibehalten und um eine App-Unterstützung weiter entwickelt. Wie genau das Ganze funktioniert beleuchten wir hier genauer.

Material

Schon die Größe der Box lässt auf eine wahre Materialschlacht schließen, denn die Außenmaße passen gerade so in ein Kallax-Fach. Im Inneren finden sich 40 Miniaturen aus Plastik, fast 200 Karten und jede Menge 3D-Pappkomponenten. Dadurch erklärt sich auch die Größe der Box, denn die 3D-Komponenten können so zusammengebaut verstaut werden.

Wer Descent komplett neu auf dem Tisch hat, sollte auf jeden Fall ca 2-3 Stunden (ja, wirklich!) reservieren, um in aller Ruhe das toll gestaltete Spielmaterial auszupöppeln und zusammenzusetzen. Die Spielentwickler haben hier wirklich viel Kreativität gezeigt und alles steckfertig und stabil entworfen.. u.a. gibt es Tische, Regale, einen Wunschbrunnen, einen Zauberkessel ein Lesepult, Treppen, einen Torbogen, diverse Säulen und Bäume.

Das Highlight ist dann ein großer Drachen, der als Bossmonster fungiert. Hier sollte man aufpassen, denn der Kopf war beim Zusammenbau ein wenig „tricky“, da man nicht genau ablesen konnte, wie die Mittelteile eingesetzt werden müssen. Letztendlich ist aber auch dies gelungen.

Diverse Marker, Lebensräder und Spielplanteile runden den Inhalt ab. Besonders letztere sind spannend und können durch Verwendung der 3D-Komponenten zu Flächen mit mehreren Ebenen führen, die eine ordentliche Tischpräsenz garantieren.

Nicht direkt in der Schachtel, aber zwingend notwendig ist die Begleitapp, die uns durch die Kampagne und die einzelnen Szenarien führt. In dieser wird der Status aller Charaktere und möglicher Ausrüstung nachgehalten.

Regeln und Spielablauf

Die batteriehungrige App ist wie gesagt zwingend für das Spiel erforderlich und übernimmt die Rolle eines Dungeon-Masters. Die Spieler dürfen also voll kooperativ agieren und spielen nicht wie in früheren Descent – Teilen gegen einen anderen Spieler.

In jedem Szenario wird erklärt, wie die Spielplanbestandteile aufzubauen sind, wo die interaktiven Elemente wie Kisten, Schränke und Tore zu platzieren sind, wo die Charaktere der Spieler starten und was das Ziel des Szenarios ist. Pro Szenario ist immer ein Held vorgegeben, der mitspielen muss, die anderen können frei gewählt werden. Die Wahl der Helden erfolgt also pro Szenario, so dass es im Gegensatz zu anderen Dungeon-Crawlern keine festen Charaktere gibt.

Nach dem Aufbau kann es auch schon losgehen. Ziele sind meist das Erkunden von bestimmten Punkten und das Besiegen von Gegner. Das Spannende ist hier natürlich, dass diese vorher nicht alle bekannt sind und sich während eines Szenarios verändern. Auch sieht man am Anfang des Szenarios nur einen kleinen Teil der gesamten Karte. Der Platz auf dem Tisch muss also ausbaufähig bleiben.

Ein Szenario ist dabei eine Abfolge von Helden- und Schattenphasen. In der Heldenphase hat jeder Held eine Bewegungsaktion und zwei freie Aktionen. Dies können Interaktion mit Elementen in der Welt, Angriff auf Gegner oder Vorbereitungsaktionen der Karten sein. Alle Karten, die die Spieler haben, sowohl Charakter-, als auch Waffen- und Fertigkeitskarten sind doppelseitig und können durch die Vorbereitungsaktion gedreht werden. So erlangt man Zugang zu alternativen Boni und Fertigkeiten und wird zeitlich alle Marker auf den Karten los.

Angriffsaktionen werden über die App initiiert, dann aber durch physische Würfel ausgeführt. Die Spieler können dann zusätzliche Erschöpfung aufwenden um bestimmte Karten zu aktivieren und so die Anzahl der Treffer zu bestimmen. Diese wird dann in der App eingegeben, welche dann versteckt Berechnungen ausführt die Verbesserungen der Waffen und Schwächen von Gegnern in Betracht zieht. Die Lebenspunkte der Gegner werden genau wie Statuseffekte in der App nachgehalten.

In der Schattenphase handeln die Gegner und führen Angriffe auf die Spieler aus. Dabei gibt die App vor, welche Charaktere angegriffen werden, sofern diese in Reichweite sind. Die App kennt die aktuelle Position auf dem Spielbrett nämlich nicht, sondern nur die Initiale Position beim Erscheinen der Gegner. Wurde ein Ziel in Waffenreichweite bestimmt, so müssen die Spieler wieder mit Würfeln die Treffer abwehren und diese analog zu einem eigenen Angriff Erschöpfung einsetzen um die Trefferzahl zu reduzieren.

Das Ganze wird wiederholt, bis das Szenarioziel erfüllt oder alle Spieler ausgeschaltet sind. Letzteres passiert aber nicht sofort. Ein Senken der eigenen Lebenspunkte auf null führt erst mal zu leichten und schweren Wunden mit negativen Effekten, mit denen man aber trotzdem problemlos weiter am Geschehen teilnehmen kann.

Nach jeden Szenario gibt es eine Stadtphase, die sich komplett in der App abspielt. Die Story wird weiter erzählt und einige Entscheidungen der Spieler dürfen getroffen werden, die sich auf den weiteren Verlauf der Kampagne auswirken. Besonders Interessant ist das Herstellen von Waffen, Upgrades und Tränken. Diese können dann in folgenden Szenarien ausgerüstet werden und erlauben so die Personalisierung der Charaktere.

Mit über einem Dutzend Szenarien ist man nach 30-40 Stunden Spielzeit am Ende der Kampagne angelangt, die wie bei Kampagnenspielen üblich idealerweise von einer festen Gruppe gespielt werden sollte.

Fazit

Descent bietet mit seiner großen Box, den Miniaturen und dem 3D-Komponenten ein kooperatives Spielerlebnis mit ordentlicher Tischpräsenz. Hervorheben muss man hier natürlich auch die App-Unterstützung, die für einige Spieler ein direktes Ausschlusskriterium sein kann. Wer sich auf Descent einlässt, sollte sich dessen bewusst sein und im Zweifel eher zu einem anderen Dungeon Crawler greifen.

Ich selbst sehe hier die App-Unterstützung etwas zwiegespalten. Einerseits mag ich die dynamischen Szenarien, die im Gegensatz zu Spielen wie Gloomhaven nicht schon von Beginn an fest stehen. Die Stadtphasen mit der Möglichkeit, die Charaktere und Ausrüstung zu verbessern, ist gut umgesetzt und durch die App muss nicht alles mit physischen Komponenten nachgehalten werden.

Andererseits macht die App manchmal schon fast zu viel. Sofern sich die App auch nicht die Positionen der Spieler und Gegner merken würde, wären die physischen Komponenten überflüssig und wir hätten ein reines Videospiel vor uns. Die zusätzlichen Informationen wie „Erschöpfung“ und „Karten“ ließen sich natürlich auch einfach digital abbilden, aber dann hätten wir natürlich nicht ein optisch schönes Spiel auf dem Tisch.

Auch fand ich es schade, dass die App keine Vertonung bietet und man zwischen und während der Szenarien auch gut mit Lesen beschäftigt ist. Je nach Gruppe kann das funktionieren, aber wir erwischten uns oft dabei, dass wir Dialoge einfach übersprangen, da niemand Lust hatte diese zu lesen, da diese belanglos und oft abstrus bis abwegig waren. Hier wäre auf jeden Fall noch Verbesserungspotential vorhanden..

Die Szenarien selbst und die Abläufe haben auch einige Einschränkungen, die uns nicht so gefielen. Wir waren nur zu zweit unterwegs und spielen am liebsten mit festen Charakteren. Da aber pro Szenario ein Charakter gesetzt ist, kann man entweder nur einen wählen, oder, wie wir, einfach mit 3 Charakteren und 2 Spielern spielen. Die Entscheidung ist in so weit verständlich, da sich einzelne Szenarien um bestimmte Charaktere drehen, aber die hätten für uns auch passiv im Hintergrund bleiben können.

Pro Szenario waren wir meist zwei bis drei Stunden inkl. Auf- und Abbau sowie der Stadtphase beschäftigt. Zumindest bei uns war das genug für einen Abend und zu lang, um mehrere Szenarien direkt hintereinander zu spielen. Auch kann es manchmal in der Aktionsauswahl recht monoton werden. Sobald Gegner auf dem Spielplan sind, gibt es wenige Situationen, in denen es sinnvoll ist, nicht einfach zwei Mal anzugreifen. Der Vorbereiten-Mechanismus der Karten ist mechanisch gut gemacht, aber dann doch zu kostspielig, um einen möglichen Angriff dafür zu opfern, um mit der nächsten Aktion etwas mehr Schaden herauszukitzeln.

In Summe hatten wir dennoch auf jeden Fall Spaß mit der Kampagne von Descent, auch wenn der Komplexitätsgrad und die Aktionsmöglichkeiten nicht immer hoch waren. Das Aufbauen der Spielfläche mit den 3D-Komponenten sowie die zugängliche Kampfmechanik liefern ein unterhaltsames Spielgefühl. Sofern man über die App-Unterstützung und die schwachen Dialoge hinweg sehen kann, können wir Descent für Gruppen, denen Gloomhaven noch zu umfangreich ist, empfehlen.

Name: Descent – Legenden Der Finsternis
Erscheinungsjahr: 2021
Spieler: 1 – 4
Alter: ab 14 Jahren
Dauer: 120-180 min
Autoren: Kara Centell-Dunk, Nathan I. Hajek
Illustration: Preston Stone, Gary Storkamp
Verlag: Asmodee / Fantasy Flight Games

Descent – Legenden Der Finsternis
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