yunnanYunnan ist die Heimat des Pu-Erh-Tees. Jahrhundertelang wurde er unter größten Strapazen über Berge und Schluchten entlang der Pferde-Tee-Straße durch China und Tibet transportiert. In Yunnan schlüpfen die Spieler in die Rolle dieser Teehändler. Sie müssen nicht nur am Ziel ankommen, sondern auch viele Dinge vorausplanen, um den größten Profit herausschlagen zu können. Dabei sollte man auch stets seine Konkurrenz und den Provinzkommissar im Auge behalten, sonst kommt man schnell vom Weg ab.


Was steckt drin

Der detailliert illustrierte Spielplan zeigt zum Einen die einzelnen Provinzen durch die die Pferdestraße führt, sowie das Dorf von Pu-Erh mit seinen Gebäuden und Skalen, die z.B. die Siegpunkte anzeigen. Daneben finden sich eine ganze Reihe von schön verarbeiteten Holzteilen unter anderem Händler, Pferde, Handelsposten, einem Provinzkommissar und diverse Marker für Siegpunkte und Fortschritte.

Der Clou ist, dass die Händler und Gebäude wirklich „typisch“ chinesisch aussehen. So besitzen die Figuren einen angedeuteten Reisstrohhut & Rucksack und die Gebäude haben geschwungene, ausladende Dächer. Die Geldmünzen sind wie bei vielen Spielen aus Pappe, aber wirklich schön gestaltet. Von der Form her ähneln sie antiken chinesischen Münzen (die 12er Münze hat bspw. ein Loch). Für die Profiversion des Spiels gibt es zudem zusätzliche Zahlenmarker und Rundenmarker aus Holz.

Spielverlauf
Jede Spielrunde besteht stets aus einer Biet- und Reisephase.

Bietphase
Spielplan_YunnanZu Beginn besitzt jeder Spieler drei Händlerfiguren. Diese kann er einsetzen, um auf bestimmte Verbesserungen oder Gebäude in der Bietphase zu setzen. Dazu darf jeder Spieler gemäß der Ablaufskala jeweils nacheinander eine Figur auf die Bietskala setzen. Eine solche Skala weist die Felder 5,7,9,12 und 15 auf, was bei erfolgreichem Gebot gleichzeitig der zu zahlende Preis ist. Setzt man beispielsweise auf das Feld 5, so kann ein anderer Spieler einen jedoch überbieten, wenn er seine Figur auf die 7 stellt. Wir müssen unsere Figur in dem Fall zurücknehmen und erneut bieten. Ab Feld 9 der Bietskala ist man jedoch „sicher“ und erhält immer den entsprechenden Fortschritt.

Die Spieler können auf vielerlei Dinge bieten. So lässt sich die Reichweite der Händler erhöhen, damit sie auch weit entfernte Orte erreichen können (symbolisiert mit einer Pferdefigur). Um neue Gebiete zu betreten sind wiederum Passierscheine erforderlich (für jede Grenzüberschreitung 1 Schein). Möchte man andere Mitspieler ärgern und sie aus einem Gebiet vertreiben, benötigt man einen höheren Einfluss. Auch ist es möglich, ein Gebäude (Teehaus, Handelsposten, Brücke) zu erhalten, das man jederzeit bauen darf. Da die Möglichkeiten mit 2 Händlern doch sehr begrenzt sind, ist es in der Handelsschule möglich, weitere Händler auszubilden. Wem das Geld ausgeht, kann auch in die Bank gehen. Möchte man von alldem nichts in Anspruch nehmen, setzt man seine Händler in den Markt von Pu’er. Dort stehen sie für die anschließende Reisephase zur Verfügung.

Ab der zweiten Spielrunde darf man neben Händler im eigenen Besitz auch Händler aus den bereisten Gebieten für die Bietphase nutzen. Man sieht bereits, dass es nichts bringt, nur auf einzelne Verbesserungen zu setzen, sondern eine ausgewogene Mischung von allem nötig ist. Gleichzeitig steht man in Konkurrenz zu seinen Mitspielern und will seine Ausgaben trotzdem möglichst klein halten.

Reisephase
In der Reisephase bewegen sich die Händler (in umgekehrter Spielerreihenfolge) entlang der Pferdestraßen in die Provinzen, sofern Verbesserungen wie die nötigen Passierscheine und eine entsprechende Reichweite vorhanden sind. Einflussreichere Spieler können zudem einen Händler eines Mitspielers aus jener Provinz verbannen, in der der Zug des eigenen Händlers endet. In jedem Gebiet gibt es anfangs auch Gastgeschenke (Sondersiegpunkte) für Spieler, die die Region erstmals aufsuchen. Je nach Anzahl der Händler und Wertigkeit der Provinz (je weiter von Pu-Erh entfernt, desto wertiger) bekommt man mehr oder weniger Gold für den gehandelten Tee.

Wichtig ist hierbei eine geschlossene Handelsroute aufzuweisen, da isolierte Händler keinen Tee mehr geliefert bekommen und vom Spielplan entfernt werden. Wurde man von einem Mitspieler verbannt und die Handelsroute ist dadurch unterbrochen worden, muss man (zum Glück) nur einen Transportzuschuss bezahlen und der Händler darf stehenbleiben.
In die Provinz, in der der höchste Tee-Erlös erzielt wurde, kommt allerdings noch der Provinzkommissar zu Besuch um den einflussreichsten Spieler von dort zu verbannen. Bei der höchsten Einflussstufe oder als Teehausbesitzer in der jeweiligen Provinz ist man vor ihm jedoch geschützt.

Am Ende jeder Runde wird der Tee-Erlös festgestellt. Jede Provinz zahlt für den gelieferten Tee den angegebenen Tee-Erlös pro Händler. So bekommt man in Qamdo für drei eigene Händler beispielsweise 36 Geld. Nach jeder Runde darf man sich entweder das gesamte Geld nehmen oder den Betrag 1:1 in Siegpunkte umwandeln beziehungsweise aufsplitten. Auch wird die Spielerreihenfolge der nächsten Runde festgelegt.

Spielende
Das Spiel endet, wenn ein Spieler 80 Siegpunkte erreicht hat oder keine Gastgeschenke mehr auf dem Plan liegen. Nun erhält jeder Spieler noch Siegpunkte durch evetuelle Gastgeschenke & Teehäuser und darf sein verbliebenes Geld im Verhältnis 3:1 in Siegpunkte umwandeln. Wer die meisten Punkte gesammelt hat, gilt als erfahrenster Händler in ganz Yunnan.

Profiversion
Es ist nun erlaubt beim Bieten zu überreizen, d.h. „Schulden“ zu machen. Dies sollte jedoch mit Bedacht geschehen, da die unbeglichenen Schulden in jeder Runde mit Siegpunkten bezahlt werden müssen. Hat man sich verspekuliert, kann es schnell vorkommen, dass man am Ende mit negativen Siegpunkten da steht!

Fazit
Yunnan ist ein Spiel mit großer Optimierungs-Tiefe. Ich hätte mir so manches Mal gewünscht, die Entscheidungen der vorherigen Bietphase noch einmal rückgängig zu machen. Das gibt viel Ansporn es nächstes Mal besser zu machen. Beim erstmaligen Spielen sollte man mehr als die angegebenen 90min einplanen. Das liegt vor allem an den sehr detaillierten und verschachtelten Regeln. Wir benötigten etwa 2,5 Stunden für die erste Partie, bei den nächsten Runden ging es mit 2 Stunden etwas zügiger.

Zwar haben sich die Hersteller Mühe gegeben eine gewisse Regelübersicht herzustellen, beispielsweise durch Kurzzusammenfassungen am Blattrand, doch liest sich die Anleitung sehr zäh und verwirrend. Wir mussten die Anleitung mehrfach lesen und selbst dann blieben Fragen unbeantwortet. Zum Beispiel der genaue Mechanismus der Passierscheine wurde uns erst durch Probieren („Es muss einfach so sein, anders wäre es unlogisch!“) klar.

Kurz zur Auflösung: Wenn man 3 Passierscheine besitzt, haben die Händler jede Runde die Möglichkeit, drei Grenzen zu überschreiten. Wir haben das in der ersten Runde jedoch erst so verstanden, dass ein Händler die Passierscheine „verbraucht“ und man immer einen Schein mehr benötigt, wenn man den Händler vom Gebiet „der Entfernung 3“ in die nächste Provinz weiter setzen möchte.

Solche grundlegenden Mechanismen sollten deshalb ruhig mit einem Satz mehr erwähnt werden. Aufgrund solcher ausbleibenden Detailfragen stand das Spiel auch beim ersten Mal kurz vor dem Abbruch, zumal viele Spieler aufgrund der doch anspruchsvollen Denkleistung ihre Probleme mit den Schachtelregeln haben könnten. Hier wurde eindeutig an Potential verschenkt.

Das Spielmaterial selbst hat mich gleich zu Beginn an positiv überrascht. Endlich mal etwas anderes als der „Männchen“-Einheitsbrei. Die Holzfiguren sind allesamt schön modelliert und wertig verarbeitet. Auch sind die Pappmünzen nicht einfach nur runde Pappmarker, sondern sehen wie alte chinesische Münzen aus, wirklich klasse!

Am besten spielt sich Yunnan mit 4-5 Personen. Eine spezielle 2-Spieler-Version gibt es auch. Hier spielt jeder Spieler mit zwei Farben und auch getrennten Geld. Die Siegpunkte werden zusammenaddiert. Das funktionierte zwar erstaunlich gut, doch hatte man permanent den Eindruck, dass man selbst der größte „Feind“ ist und sich selbst behindert. Man verliert dadurch extrem schnell den Überblick, dass ich eher davon abraten würde.

Aufgrund der strategischen Tiefe ist das Alter von 12 Jahren zu niedrig angesetzt. Kinder würden schnell die Lust verlieren und irgendwas machen, zumal sie solche Regeln kaum verstehen werden. Ich empfehle daher ein Alter ab 16 Jahren.

Mich hat Yunnan insgesamt doch noch überzeugen können, nicht zuletzt dank des unverbrauchten Asien-/Teethemas und der schönen Holzfiguren. Das Spiel ist tiefgründig und mit Überwindung der Regelerklärung auch spannend. Man muss aber ganz klar erwähnen, dass es ein Spiel für Optimierer ist. Familien- und Gelegenheitsspieler werden sich nur schwer damit anfreunden können.

Name: Yunnan
Spieler: 2 – 5
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 90 Minuten
Autor(en): Aaron Haag
Verlag: Argentum Verlag

Yunnan
Markiert in:     

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner personenbezogenen  Daten (z.B der IP- Adresse) durch diese Website einverstanden.