villageIch komm “vons Dorf”, daher spricht mich das Thema von Village auf Anhieb an. Im Spiel von Inka und Markus Brand wird in abstrakter Form das einfache Leben mehrerer Generationen in einem kleinen idyllischen Dorf wiedergespiegelt. Die Familien der Spieler beteiligen sich an der Gemeindepolitik, erlernen einen Handwerkerberuf, gehen auf große Reise, betreiben einen Marktstand oder ziehen sich ins Kloster zurück. All das kostet Zeit, die in diesem Spiel eins der  Haupt – Steuerungselemente ist.

Der Spielablauf bei Village erscheint zunächst sehr simpel. Auf dem Spielplan gibt es 8 farbig markierte Felder für die verschiedenen Aktionsbereiche. Auf sieben von ihnen werden zufällig aus einem Beutel gezogene Aktionssteine verschiedener Farben ausgelegt. Der achte Bereich, der Dorfbrunnen,  bleibt ohne Aktionsstein und kann immer dann genutzt werden, wenn ein Spieler drei gleichfarbige Aktionssteine dort einsetzen kann. Dies ermöglicht ihm, eine der anderen sieben Aktionen frei zu wählen, auch wenn dort keine Aktionssteine mehr vorhanden sind.

Nuernberg2012__Pegasus__Village2Ein Spieler nimmt sich, wenn er am Zug ist, einen Aktionsstein von einem der verfügbaren Felder und führt eine der zugehörigen  Aktionen aus. Dies kann er allerdings nur tun, wenn er auch die Kosten für die Aktion bezahlen kann. Manchmal ist dies einfach nur Zeit, die auf dem Spielertableau auf der dafür vorgesehenen Skala abgetragen wird. Meist ist es aber eine Kombination aus Zeit, Aktionssteinen, Waren oder Geld. Die Würze von Village liegt dabei in den einzelnen Aktionen, die im Dorf ausgeführt werden können.

Schauen wir uns also näher um. Unser kleines, fiktives Dorf hat so einiges zu bieten. Zunächst erhält jeder Spieler seinen eigenen kleinen Hof, von dem aus er schaltet und waltet, indem er Familienmitglieder aussendet, um am Dorfleben teilzunehmen und Tradition und Ehre zu wahren. Auf dem Hof gibt es eine Zeitskala, die anzeigt, wann es einen familiären Todesfall gibt. Das klingt zunächst prekär, ist aber eine einfache Punktemessung.

Mit anderen Worten: Nach genau 10 Zeiteinheiten muss ein Familienmitglied der ältesten der insgesamt 4 Generationen vom Spielfeld auf eine freie Grabstätte gelegt werden und ist somit aus dem Spiel. Das bedeutet jedoch nicht dass ein solches verblichenes Familienmitglied ohne Bedeutung ist. In der Dorfchronik einen Platz für die letzte Ruhestätte zu finden, ist lukrativ, denn je mehr Familienmitglieder dort unterkommen, desto höhere Anzahl an Ruhmespunkten erhält der Spieler bei Spielende.

Zu Beginn des Spiels haben die Spieler noch nicht alle Familienmitglieder zur Verfügung. Erst durch die Aktion “Familie”, die die Familienplanung und dir Fortpflanzung symbolisiert, können weitere Akteure nachfolgender Generationen ins Spiel gebracht werden. Die Familienmitglieder tragen jeweils ihr “Geburtsjahr” als Zahl mit sich, so dass jederzeit festgestellt werden kann, welche Person aus welcher Generation Todesfall in die Chronik oder, falls diese bereits belegt ist, auf den anonymen Friedhof gelegt werden muss.

Die einfachste aller Produktionsarten ist die Ernte von Getreide auf dem dazugehörigen Aktionsfeld. Mit den Getreidesäcken, von denen jeder Spieler maximal 5 gleichzeitig besitzen darf, lässt sich so einiges anfangen. Sie bringen guten Gegenwert auf dem Markt, können in der Mühle gegen Geld getauscht werden oder den Mönchen zur Versorgung der armen Bevölkerung gestiftet werden. Die Getreideernte fällt höher aus, wenn der Spieler ein Pferd oder einen Ochsen sowie einen Pflug besitzt.

Um an solche Hilfsmittel zu kommen,  ist es sinnvoll, ein Familienmitglied zu einem Handwerker auszubilden. In der Handwerkergilde lassen sich einige Berufe erlernen und entsprechende Gerätschaften wie Planwagen, Schrift- Dokumente oder ein Pflug herstellen. Zudem können hier Pferde und Ochsen gezüchtet werden, die im täglichen Leben bei der der Ernte gute Diente leisten und einen guten Marktwert erzielen können. Wer nichts wird, wird hier nicht Wirt, sondern Müller. In der dorfeigenen Mühle kann zuvor geerntetes Getreide zu Geld verwandelt werden. Geld spielt zwar keine sehr bedeutsame Rolle im Dorfleben, eignet sich aber als Joker für den Einsatz von farbigen Aktionssteinen.

In jeder Spielrunde findet mindestens einmal ein Markt statt, der von dem Spieler ausgelöst wird, der den einzigen dort liegenden Aktionsstein an sich nimmt. Alle Spieler dürfen nun Waren an die an den Marktständen ausliegenden Interessenten verkaufen und erhalten dafür Ruhmespunkte.

Manches Familienmitglied zieht es in die Ferne. Mit der Aktion “Reise” können die Spieler ihr Familienmitglied auf große Fahrt schicken. Reisen ist sehr aufwendig und kostet neben viel Zeit auch immer den Besitz eines Planwagens und einigen farbigen Aktionssteinen. Dafür erhalten die Spieler aber für den Besuch von fernen Städte ebenfalls Ressourcen und Ruhmespunkte.

Auch in die Politik des Dorfes können sich die Spieler einmischen. Der Einzug ins Rathaus bringt einem Spieler Privilegien, die ihm Vorteile bringen können. In der ersten Stufe erhält er beispielsweise das Recht des  Startspielers in der nächsten Runde. In weiteren Stufen des Rathauses haben die Ratsmitglieder kostenfreien Zugriff auf Aktionssteine, Produktionswaren Geld und Ruhmespunkte.

Nuernberg2012__Pegasus__VillageFrömmigkeit ist traditionell in einem Dorf stärker ausgeprägt als in der Stadt. So haben die Spieler die Möglichkeit, ihre Familienmitglieder ins Kloster zu schicken und ein Leben als Kleriker zu fristen. Interessant dabei ist, dass einige Familienmitglieder dabei einige Zeit das Spiel vollständig verlassen und in einem schwarzen Beutel landen. Aus diesem müssen sie während der “Messe” gezogen werden, um danach in der Kirche zu weilen und dort für Ruhmespunkte sorgen zu können. Die Messe findet immer dann statt, wenn alle Aktionssteine von den Feldern genommen und ausgeführt worden sind. Sie bildet somit auch die  Rundenklammer des Spiels und findet ebenfalls am Spielende noch einmal statt, bevor es zur Schlusswertung kommt.

Ein wichtiges Instrument im Spielablauf ist die Frage, Wann welche Aktion stattfinden kann. Hat ein Spieler keine Ware, macht ein Markt keinen Sinn, ohne Planwagen kann er nicht reisen usw. Da ist es von Vorteil, wenn eine Aktion zu dem Zeitpunkt gespielt werden kann, an dem sie vom Spieler auch benötigt wird. Dies ist möglich durch die Aktion “Dorfbrunnen”.

Fazit:

Village ist durch seine Verzahnung aus Worker-Placement und Optimierung ein recht komplexes Spiel, das kurzweilig ist und bis zum Schluss fesselnd bleibt. Dabei müssen die Spieler im Spielverlauf sehr flexibel bleiben und können nur bedingt eine feste Strategie verfolgen. Unmöglich ist dies aber nicht, es erfordert jedoch eine starke Disziplin und duldet keine Fehler. Zu gern verfällt man in einer aktuellen Spielsituation dem “schnellen Ruhm” und lässt sich von seiner langfristigen Strategie abbringen. Gutes Zeitmanagement und überlegtes Handeln zahlt sich in jedem Fall bei Spielende aus.

Village ist ein sehr gelungenes Spiel und bestimmt das bisher stärkste aus der Feder von Inka und Markus Brand. Wenn es überhaupt etwas auszusetzen gibt, dann ist es die etwas hohe Einstiegshürde, denn das Spiel ist reichlich erklärungsbedürftig. so dass beim ersten Spiel Zeit für die Erläuterung der ineinander verzahnten Mechaniken reserviert werden muss. Daran ändert sich auch die gut geschriebene Spielanleitung nichts. Allerdings wird man mit einem hohen Wiederspielreiz des vom Material und Illustration her exzellent gestalteten Spiels belohnt.


Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: eggertspiele / Pegasus- Spiele
Autor: Inka und Markus Brand
Gestaltung: Dennis Lohausen
Spieler: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Dauer: ca 120 Minuten

Kaufen bei: Shop der Spiele-Akademie
Village
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