raumstation-theseusÜberall ist ein Rattern und Knirschen zu hören, als die Wissenschaftler die vermeintlich verlassene Raumstation Theseus betreten. Ihr Auftrag: Wichtige Dokumente und Forschungsberichte bergen. Am Anfang scheint alles nach Plan zu verlaufen, doch plötzlich macht das Team eine schreckliche Entdeckung. Hinter einer Tür finden sie einen Raum voller schleimiger Gebilde, wahrscheinlich eine Alienbrutstätte. In diesem Augenblick sind auch schon entfernte Schüsse zu hören und einige ihrer Teamkameraden benehmen sich ganz seltsam. Eines ist sicher: Sie sind nicht allein auf der Raumstation!

Was steckt drin?
Das Spiel ist mit vielerlei Material ausgestattet. Statt einem zusammenhängenden Spielplan liegen 7 einzelne Sektortafeln bei, eine für jede der vier Fraktionen (Wissenschaftler, Marine, Alien, Grey) und noch 3 allgemeine Sektoren. Diese bilden zusammen mit der Übersichtstafel in Form eines Planeten, welche die Punkte für jede Fraktion angibt, den variablen Spielbereich. Als Spielfiguren dienen (leider) beklebte Holzscheiben. Zudem liegen dem Spiel insgesamt 100 Fraktionskarten und allerhand Pappmarker bei, welche anhand ihrer Farbe schnell der jeweiligen Fraktion zugeordnet werden können.

Ziel des Spiels
Raumstation_Theseus_SpielverlaufJe nach Fraktion und Spieleranzahl ergeben sich leicht unterschiedliche Ziele. Es ist jedoch immer so, dass die Fraktion der Marine und der Aliens sehr gut im Kampf sind. Sie können sehr großen Schaden austeilen und wollen die anderen Fraktionen deshalb schwächen und besiegen.
Die Fraktion der Forscher und der Gray sind nicht so stark im Kampf, jedoch können sie als einzige Fraktionen so genannte Datenpakete sammeln.

Das Spiel endet (2-Spielervariante), wenn
a) das Spielendeplättchen auf dem Ende-Feld liegt
b) eine Fraktion keine Lebenspunkte mehr hat
c) eine Fraktion 20 Datenpakete gesammelt hat

Im Fall von a) und b) gewinnt dann der Spieler, der die höchste Gesamtsumme aus Lebenspunkten und Datenpakete besitzt. Falls ein Spieler 20 Datenpakete gesammelt hat, gewinnt dieser das Spiel sofort.

Spielaufbau
Je nach Spieleranzahl werden die Sektortafeln in Kreisform ausgelegt. In der Mitte befindet sich die Punkteübersicht, die auch das Ende des Spiels anzeigt. Jede Fraktion startet mit 20 Lebenspunkten, die Forscher/Greys zusätzlich mit 0 Datenpaketen.

Aufbau der Sektortafeln
Jeder Sektor besteht aus verschiedenen Positionen. Im oberen, runden Bereich werden die Spielfiguren gesetzt, welche je nach Platzierung gegenseitig verbunden oder getrennt sind. Platzhalter zeigen im unteren Bereich an, wie viele Karten in diesem Sektor installiert werden können. Am unteren Rand des Sektors gibt es zudem noch eine Anzeige für nachfolgende Karten, den drohenden Karten. Diese sind noch nicht aktiv (im Gegensatz zu den installierten Karten), können jedoch beim nächsten Zug eventuell ins Spiel kommen.
Jeder Sektor zeigt zudem noch einen Bereich für Fallen (neben den Einheitenbereich) und ein Sektoraktions-Symbol an.

Spielverlauf
Das Spiel scheint auf den ersten Blick recht komplex und man sollte sich die Regeln mehrfach durchlesen. Ich versuche hier auf die wichtigsten Regeln einzugehen.

Ein Spielzug besteht aus vier aufeinander folgenden Schritten:
1) Bewegungs-Phase
2) Aktions-Phase
3) Sektoraktions-Phase
4) Drohende-Karten-Phase

Bewegungs-Phase
Raumstation_Theseus_SektorzoneDer Spieler wählt einen seiner Spielsteine aus und zieht so viele Sektoren weiter, wie die Gesamtzahl der Einheiten (egal welcher Fraktion) im Startsektor beträgt. Möchte ein Spieler beispielsweise eine Einheit im Korridor bewegen, wo sich zu diesem Zeitpunkt noch 2 gegnerische Einheiten befinden, muss er insgesamt 3 Sektoren weiterziehen.

Am Ziel setzt er seine Einheit auf eine freie Position im Sektor. Sind alle Plätze belegt, darf er eine bel. Einheit ins Weltall ausstoßen. Diese darf in der nächsten Runde wieder an einem bel. Ort eingesetzt werden. Zudem werden gegnerische Fallen (wenn installiert) ausgelöst und die gezogene Einheit erleidet Schaden. Sollte die Einheit zudem und nur dann, den 4. Einheitenplatz besetzen, findet ein begrenzter Kampf statt.

Manche Fraktionen können zu Beginn schon 1 Schaden zufügen, andere müssen dafür durch ein Upgradeplättchen erst aufgewertet werden, um schießen zu können. Die Marine und Alien können bei Aufwertung insgesamt bis zu 3x je 1 Schaden zufügen, je nachdem wie viele Gegner im aktuellen Sektor stehen und auch nicht durch Wände getrennt sind. Die Greys können gar nicht kämpfen, jedoch können sie sich gut schützen und Datenpakete sammeln.

Aktions-Phase
Nach Beendigung der Bewegung führt der Spieler all seine in dem Sektor installierten Karten aus. So können beispielsweise Kämpfe ausgelöst oder Lebenspunkte geheilt werden.

Sektoraktions-Phase
Jeder Sektor hat eine einzigartige Aktion.
Im eigenen Fraktionssektor darf man entweder eine fremde, installierte Karte ablegen oder ein Upgradeplättchen nehmen. Damit kann man eine seiner Einheiten aufwerten (auf die andere Spielseite drehen) oder einen aufgedruckten Kartenwert um +1 erhöhen.

Wer seinen Zug im Sektor Korridore beendet, löst einen Kampf mit all seinen Einheiten in allen Sektoren aus. Im Kontrollraum darf eine gegnerische Karte mithilfe eines Markers vorübergehend als defekt markiert werden und im Technologiedock ist man mit einer weiteren Figur noch einmal am Zug.

Drohende-Karten-Phase
In der letzten Phase können die Karten vom eigenen Fraktionsdock gespielt werden. Dabei darf der Spieler entweder die oberste Karte vom Stapel an den Platz für drohende Karten an die Sektortafel auslegen, eine Karte vom Stapel gegen eine dort liegende gegnerische Karte austauschen oder installiert eine eigene dort liegende Karte in irgendeinem Sektor seiner Wahl. Man kann jedoch auch ganz auf diese Phase verzichten.

Pandora – Erweiterung
Die Pandora-Fraktion ist eine zusätzliche fünfte Fraktion, welche nur von Spielern benutzt werden sollte, die mit dem Hauptspiel vertraut sind und eine größere Herausforderung suchen.
Die Fraktion besitzt weder ein eigenes Fraktionsdeck, noch eigene Fraktionskarten. Ihr Trumpf sind die Einheiten, von denen sie gleich mal 13 Stück besitzt (Kreatur, Fänger, Läufer und Krieger).
Jede dieser Einheiten lässt sich mittels eines Upgradeplättchens aufwerten und wird somit zur einer richtigen Gefahr. So können die Einheiten fast alle ein oder 3x ein Schaden zufügen, aber darüber hinaus auch gegnerische Karten dauerhaft in ihren Besitz nehmen.

Die Kreaturen sind dabei die Haupteinheiten, die übrigen Einheiten (Fänger, Läufer, Krieger) heißen Embryos. Wenn eine Kreatur seine Bewegung in einem Sektor ohne gegnerische Einheit beendet, schlüpft je nach Wahl eines dieser verfügbaren Embryos.
Ansonsten sind die Regelungen analog wie im Hauptspiel.

Fazit
Raumstation Theseus entwickelt erst nach ein paar Spielrunden sein ganzes Potential. Die Regeln sind an sich nicht sehr komplex und auch gut verständlich, dennoch mussten wir sie mehrfach lesen, um den Gesamtzusammenhang zu verstehen. Diesen Eindruck vermittelt auch die erste Partie. Man spielt recht planlos und macht, um es einfach zu sagen, „irgend etwas“. Wenn man jedoch ein zweites Mal spielt, erlebt man fast schon ein neues Spiel, da viele Mechanismen planbarer und verständlicher sind.

An dem Material gibt es nichts auszusetzen, aber auch nichts groß zu loben. Ich persönlich hätte mir richtige Figuren gewünscht, anstatt beklebter Holzscheiben. Immerhin sind die Karten recht abwechslungsvoll und bieten auf ihrer Rückseite nochmals eine etwas ausführlichere Kartenerklärung. Auch kommt das Spielgefühl einer Raumstation sehr nahe, was an der durchwegs gelungenen Gestaltung liegt.

Die einzelnen Fraktionen lassen sich sehr unterschiedlich spielen. Knapp formuliert kann man sie in Kampf und Defensive einteilen. Mir haben dabei stets beide Seiten gut gefallen, auch wenn man etwas Einarbeitungszeit bei jeder Fraktion benötigt.

Raumstation_Theseus_FraktionskartenWas ich nicht ganz verstehe, sind die Regeln bei der veränderten Spieleranzahl. Das Grundspiel ist auf 2 Personen ausgelegt und funktioniert in dieser Konstellation auch am besten. Bei 3-4 Spielern kann man entweder gegeneinander (Deathmatch) oder im Team spielen. Beim Deathmatch treten jedoch unweigerlich Logikprobleme auf. So startet man nicht mit 20 Lebenspunkten, sondern mit Null. Immer wenn man einem Spieler Schaden zufügt (Kampf oder Falle), erhält man selber Schaden in Form von Lebenspunkten.

Die Medstation heilt hier auch nicht, sondern fügt einem Gegner Schaden zu und vermindert wieder dessen Lebenspunkte. Das mag vom Mechanismus her funktionieren (und man sollte es auch so machen, sonst geht es nach eigenen Erfahrungen schief), dennoch klingt das sehr irrsinnig, dass Schaden einem Punkte bringt und nicht jemanden negativ beeinflusst. Es fühlt sich fast so an, als wollten die Entwickler auf Krampf eine Jeder-gegen-Jeden Version für 3-4 Personen in das Spiel quetschen. Da funktioniert das Teamspiel schon wesentlich besser, allerdings ist es hier vom Vorteil, wenn man das Spiel bereits kennt.
Auch widersprechen insgesamt die Kampfregeln etwas der Intuition. Einheiten können zwar unter bestimmten Bedingungen angreifen, sie verteidigen sich jedoch nicht oder schießen gar zurück. Dafür „sterben“ die Einheiten aber auch nicht, sondern die Gesamtlebenspunkte werden reduziert. Das ist doch recht gewöhnungsbedürftig.

Die Spielzeit ist erstaunlicherweise recht kurz und beträgt die angegebenen 30-60 Minuten, je nach Erfahrungsgrad der Spieler. Ein Einstiegsalter ab 10 Jahren halte ich allerdings für zu jung. Wenn sich bereits Erwachsene bei den ersten Runden etwas schwer tun, wird das bei jüngeren Spielern nicht besser aussehen. Daher empfehle ich das Spiel ab einem Alter von 16 Jahren.

Alles in allem bin ich mit Raumstation Theseus doch sehr zufrieden. Es lässt sich sehr taktisch spielen und ist aufgrund der Erweiterung Pandora auch für anspruchsvollere Spieler geeignet. Die Kritik über ein paar Widersprüchlichkeiten bleiben noch im Rahmen und mindern trotz einiger Logikfehler kaum das Spielgefühl. Das sollte aber letztendlich jeder für sich entscheiden, ob ihm das gefällt.
Es ist für mich somit ganz klar ein Kennerspiel, dass sein Potential erst in mehreren Runden ausspielen kann, dann jedoch ein gutes Spiel bietet.

Name: Raumstation Theseus
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 30-60 min
Autor(en): Michal Oracz
Verlag: Pegasus Spiele

Raumstation Theseus
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