orleansBei Orléans denke ich zuerst an Schillers berühmte Jungfrau. Mit der französischen Nationalheldin Jeanne d’Arc und dem hundertjährigen Krieg hat das Spiel aber rein gar nichts zu tun. Immerhin: Es spielt im mittelalterlichen Frankreich und ist somit zumindest zeitlich in der Nähe der Jungfrau angesiedelt.

Orléans wird über 18 Runden mit je 7 Phasen gespielt. Das klingt nach viel, zeugt aber letztlich nur von einem gut strukturierten Spielablauf. Viele Züge können simultan gespielt werden, so dass es wenig Wartezeit gibt und die Spieldauer von Orléans moderat bleibt.

Die beiden wichtigsten Phasen sind die Planungsphase, in der die Spieler ihre zuvor in einer eigenen Phase aus einem Beutel bezogenen Gefolgsleute delegieren, und die Aktionsphase, in der die Gefolgsleute ihre Aufgaben ausführen, sofern sie alle Bedingungen erfüllen. Diese zweite Phase wird immer nacheinander gespielt, da hier Konflikte beim Erwerb von Siegpunkten möglich sind. Wer zuerst dran ist, kann hier einen Vorteil haben.

Schauen wir uns die Möglichkeiten einmal genauer an. Zunächst darf der Spieler seine Gefolgsleute an einen Ort seines Spielertaubleaus entsenden.  Je nach Ort löst der Spieler dabei auch eine Bewegung auf dem Haupt-Spielplan aus. Entsendet der Spieler beispielsweise Gefolgsleute in das Bauernhaus, darf er sich, sofern vorhanden, einen weiteren Bauern in seinen Gefolgsleute-Beutel werfen, und er darf den Anzeiger auf der Bauernleiste weiter schieben, um sich die dann angezeigten Waren zu nehmen.

spiel-2014-essen-267So ähnlich wird auch bei Aktivierung von  Dorf, Kloster, Universität oder Burg verfahren, wobei jedoch jeweils andere Gefolgsleute im Beutel landen und andere Vorteile, wie zum Beispiel Bildung, Technik, militärische Stärke oder Frömmigkeit, aktiviert werden.  Entscheidet der Spieler sich für die Aktivierung von Schiff, Wagen und oder Gildenhaus, kann er dabei entweder auf einer Wasserstraße oder Landroute  auf die Reise gehen, dort Waren einsammeln  oder an freien Orten Gildenhäuser bauen. Die Gildenhäuser sind in der Endabrechnung wichtige Multiplikatoren und sollten nicht zu spät in Angriff genommen werden.

Im späteren Spielverlauf kann der Spieler durch den Bau weiterer eigener Gebäude sein Aktivierungs-Potential verstärken oder er kann sich im Rathaus dem Allgemeinwohl widmen, was ihm besonders viel Einfluss und damit Siegpunkte einbringt. Insbesondere in den Schlussrunden herrscht im Rathaus einiges Gedränge. Nach den 18 Runden folgt eine Schlusswertung mit der Zählung von Einflusspunkten, Warenwerten und einer Multiplikations-Quote für die Gildenhäuser.

Material und grafische Aufmachung von Orléans sind sehr gut umgesetzt, wobei wir für den Beutel lieber griffigere Holz-Meeples verwenden würden. Umso mehr freuen wir uns, dass der DLP-Verlag ein Austausch- Set mit Holz-Gefolge herausgebracht hat. Insgesamt ist Orléans ein gut gelungenes Kennerspiel, das mit einer mäßigen Spielzeit von rund 90 Minuten viel Unterhaltung auf den Tisch bringt. Wenn wir überhaupt etwas zu bemängeln haben, dann einige Details in der Spielanleitung, So muss man beim Ereignis “Steuer” (nicht Ernte) für drei Waren eine Münze bezahlen. Jedoch ist nicht angegeben, ob das auf- oder abgerundet passieren soll. Wir haben es aufgerundet, also zum Nachteil, gespielt.

Ein weiterer Punkt: Nachdem das Rundenereignis bekanntgegeben worden ist und das Volk durchgezählt wurde, dürfen die Spieler ihre Gefolgsleute aus dem Beutel ziehen. Die erlaubte Anzahl wird durch die Militärleiste festgelegt. In der ersten Runde fehlt diese Aktion, da die Gefolgsleute bereits im Spielaufbau vollständig verteilt werden. Das ist  leider in der Anleitung nicht explizit erwähnt worden und führt etwas zu Verwirrung beim Einstieg in das Spiel. Da das “aus dem Beutel ziehen” ein wesentliches Element des Spiels ist, sollte darauf bereits früh in der Spielregel hingewiesen werden.

Zwei Dinge lassen Orléans zu einem richtig guten Spiel werden: Zum einen ist es sehr geordnet, zum anderen ist es kurzweilig.  Da in vielen Phasen alle Spieler gleichzeitig agieren, kommt es kaum zu Downtimes. Dafür gibt es für den einzelnen Spieler aber auch einiges zu beachten. So sollte er seinen Geld-Haushalt im Blick halten und auf der Steuer-Leiste nicht Gefahr laufen, in jeder Runde Abgaben zahlen zu müssen. Ebenso ist es von Vorteil, frühzeitig in eigene Gebäude zu investieren, denn viele Gebäude entfalten ihre Wirkung erst über mehrere Runden. Ein früh ausgespieltes Badehaus kann sich sogar spielentscheidend auswirken, so dass der Autor für dieses Gebäude eine Abschwächung empfiehlt.

 

Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: DLP Games
Autor: Rainer Stockhausen
Grafik: Klemens Franz
Spieler: 2 -4
Alter: ab 12 Jahre
Dauer: ca.  90 Minuten

Orléans
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4 Kommentare zu „Orléans

  • 01/07/2015 um 11:29 Uhr
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    Michaels Kommentar ist korrekt. Pro 3 Waren heißt: für jeweils 3 Waren – nicht pro angefangenes Set aus 3 Waren, also abrunden.

  • 01/07/2015 um 10:48 Uhr
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    @Jens:

    Ja stimmt, da gibt es die 3er Regel. Allerdings finde ich die schon eindeutig:
    „Es müssen pro 3 Waren 1 Münze Steuern bezahlt werden“

    Pro 3 Waren heißt für mich das abgerundet wird!
    bei z.B. 7 Münzen zahlen ich für die ersten 3, dann für die nächsten 3 und dann habe ich keine 3 um nochmal zahlen zu müssen.

  • 30/06/2015 um 17:10 Uhr
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    @ Michael,

    ich sehe gerade, dass ich es verwechselt habe: Es war nicht „Ernte“, sondern „Steuern“:

    Die Spieler zählen ihre gesammelten Waren. Es müssen pro 3 Waren 1 Münze Steuern bezahlt werden.
    Kann ein Spieler nicht zahlen, erwartet ihn Folter.

    Habe es im Text korrigiert.

    Gruss, Jens

  • 29/06/2015 um 15:02 Uhr
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    „Wenn wir überhaupt etwas zu bemängeln haben, dann einige Details in der Spielanleitung, So muss man beim Ereignis “Ernte” für drei Waren eine Münze bezahlen. Jedoch ist nicht angegeben, ob das auf- oder abgerundet passieren soll. Wir haben es aufgerundet, also zum Nachteil, gespielt.“

    Das ist kein Problem der Anleitung, das habt ihr einfach falsch gespielt!

    In der Anleitung heißt es zur Ernte:
    „Jeder Spieler gibt 1 Nahrungsmittel (Getreide, Käse oder Wein) ab. Wer kein Nahrungsmittel abgeben
    kann, zahlt 5 Münzen Strafe. Die abgegebenen Nahrungsmittel kommen zurück auf den Warenmarkt.
    Kann ein Spieler nicht zahlen, erwartet ihn Folter“

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