Eines der am erfolgreichsten und meist verkauften Brettspiele ist vermutlich Carcassonne, welches im Oktober 2000 das Licht der Welt erblickte. Seitdem ist viel passiert. Unzählige Erweiterungen und auch eigenständige Versionen befinden sich auf dem Markt und würde man alle Spiele zusammenwerfen, könnte man glatt seine Wohnung damit tapezieren.

Eines haben jedoch alle Vorgänger gemeinsam: Man spielt für sich und gegen die anderen Mitspieler. Das soll sich nun, nach 23 Jahren endlich ändern und mit Nebel über Carcassonne erscheint das erste Koop-Carcassonne, in der wir gemeinsam um Punkte und Sieg spielen. Inwieweit sich diese Variante vom Grundspiel unterschiedet und für wen der neue Spielmodus geeignet ist, möchte ich euch in diesem Test genauer vorstellen.

Was steckt drin

Im Grunde erst einmal der gleiche Inhalt, wie man es von Carcassonne-Spielen gewohnt ist. Mehrere Figuren (Meeple), 60 verschiedene Landschaftsplättchen (inklusive einem 4er Startplättchen), Pappmarker, eine Punkteleiste und eine Übersichtskarte der einzelnen Level.

Unterschiede zum Hauptspiel

Der generelle Spielverlauf ist ähnlich wie beim Hauptspiel. Ein Spieler nimmt sich ein Landschaftsplättchen und legt es passend an die bereits gelegten Plättchen an. Passend bedeutet, dass eine Stadt an ein Stadtfeld und eine Straße an ein Straßenfeld anliegen müssen. Auch die Punkte sind ähnlich wie im Standardspiel. Wird eine Straße beendet, bringt jedes Straßenstück 1 Punkt und bei einer Stadt sind es 2 Punkte (plus Wappen).

Soweit, so gut. Da es sich jedoch um ein kooperatives Spiel handelt, sind das nicht unsere eigenen Punkte, sondern sie zählen für alle. Das mag sich erstmal seltsam und einfach anhören, doch über Carcassonne liegt ein finsterer Nebel, aus dem Geister emporsteigen. Eine neue Landschaftsart sind nämlich die Nebelfelder, welche sich auf Wiesen und über Straßen befinden. Diese lösen Angst und Schrecken im Land aus, da sich dort Nebelgeister befinden. Immer wenn man ein Nebelfeld zieht, muss die Anzahl der abgebildeten Nebelgeister daraufgelegt werden. Grenzt dieses bereits an ein Nebelfeld an, reduziert sich die Anzahl.

Das fiese ist, dass das Spiel automatisch endet, wenn man entweder eine bestimmte Punktzahl je nach Level erreicht hat oder wenn der allgemeine Vorrat an Geistern erschöpft ist. Zu Beginn sind das 15 Stück. Zum Glück lassen sich diese Geschöpfe auch wieder entfernen, beispielsweise wenn man ein Nebelfeld abgeschlossen hat, was jedoch nicht immer gelingen mag. Um nicht gleich zu verlieren, darf man auf eine Punktewertung mit einem Meeple verzichten und stattdessen von einem Feld maximal 3 Geister entfernen. Hat man 50 Punkte gemeinsam erreicht, gewinnt man das Spiel.

Spielvarianten

Um weitere Abwechslung ins Spiel zu bekommen, gibt es 6 verschiedene Schwierigkeitslevel. Ab Level 2 kommen beispielsweise neue Plättchen ins Spiel, einmal das Schloss und der Friedhof. Auf einem Schloss kann man einen Meeple einsetzen und sobald es komplett mit Plättchen umrandet ist, wird die Wertung ausgelöst. Dann erhält man pro angrenzendem Nebelfeld 2 Punkte. Der Friedhof ist etwas gemeiner. Sobald dieser gelegt wurde, muss man immer einen zusätzlichen Geist darauflegen, wenn man an irgendeiner Stelle Nebelgeister setzen muss.

Ist der Friedhof von vier Seiten mit beliebigen Plättchen eingeschlossen, muss man einen Meeple beerdigen. Das bedeutet, dass man eine beliebige im Spiel befindliche Figur nimmt und auf dem Friedhof legt. Diese Figur löst keine Wertung aus und ist für den Rest des Spiels nicht mehr nutzbar. Dafür ist der Friedhof geschlossen und die Geister finden ihren Seelenfrieden. Alle Geister werden vom Friedhof entfernt und in Zukunft werden auch keine zusätzlichen Geister daraufgestellt.

 

Ab Level 3 kommen die beiden Hunde Rufus und Ronja ins Spiel. Diese erhält man, wenn man eine bestimmte Punktzahl auf dem Wertungstableau erreicht hat. Ein Hund wird dann zu einem beliebigen (nicht beerdigten) Meeple gesetzt und man darf sofort von 2 angrenzenden Plättchen bis zu 3 Geister entfernen. Wird der Meeple gewertet, wird auch der Hund gewertet. Dann erhält man für jeden Geist auf dem Spielfeld einmalig 1 Punkt. Anschließend kommt der Hund aus dem Spiel.

In den weiteren Leveln tut sich nicht mehr so viel. Man braucht jedoch immer eine größere Gesamtpunktzahl, um das Spiel zu gewinnen. Auch werden beispielsweise drei Stapel an Plättchen gebildet und man muss eine bestimmte Punktzahl erreichen, bevor ein Stapel aufgebraucht wurde. Das erzeugt ein gewisses Zeitdruckgefühl und steigert die Kommunikation, da man clever planen muss.

Auch wird der Friedhof in Level 5 verhext. Dadurch kommen ggf. nochmal weitere Nebelgeister ins Spiel, viel schlimmer ist jedoch, dass man nach und nach Plättchen verliert. Solange ein Friedhof offen ist, muss man am Ende des Zuges verdeckt ein Plättchen an ihn anlegen, welches zwar den Friedhof abschließt (es sind jetzt 8 Plättchen notwendig), jedoch sonst nicht mehr genutzt werden kann. Auch verringert sich die Gesamtanzahl an Nebelgeistern in den einzelnen Leveln. Kurzum: Die Level haben es in sich und sind teils eine echte Herausforderung.

Erweiterung für das Grundspiel

Man kann das Spiel eigenständig nutzen, jedoch lässt es sich auch als Erweiterung mit dem Grundspiel kombinieren. Dazu liegt eine eigene Anleitung bei. Die Anzahl der Geister auf den Nebelkärtchen spielen jetzt keine Rolle mehr. Stattdessen muss man einen Geist entweder zu einem gegnerischen Meeple oder zu einem eigenen stellen, je nach dem, wie man das Plättchen anlegt.

Das Fiese ist, dass ein Meeple entfernt wird, sobald ein dritter Geist bei ihm steht. Auch zählt bei der Wertung jeder Geist -2 Punkte, sodass man sogar Minuspunkte erzielen kann (muss). Auch die Friedhöfe fungieren anders. Hier erhält man als Belohnung einen Wächter-Meeple, der einerseits den Vorrat an eigenen Meeple erhöht und andererseits nicht von Geistern heimgesucht werden kann. Auch für das Schloss, die Wiesen und die Schlusswertung gibt es spezielle Regeländerungen, die sich gut einfügen.

Fazit

Lange hat die Welt auf ein kooperatives Carcassonne-Spiel gewartet und nun endlich ist es erschienen. Das Material ist wie immer passend illustriert und sieht genau so aus, wie man es sich vorstellt. Die Spielfiguren sind in bewährter Weise aus Holz, wobei mir das Design der Meeple leider nicht gefällt. Dieser soll eine Fackel halten, wirkt jedoch eher, als würde deren Hand brennen, naja.

Den Mechanismus muss man separat betrachten, einmal den kooperativen Part und einmal die Idee der Nebelgeister. Der Koop-Modus ist eine willkommene Abwechslung, wenn auch anfangs etwas ungewohnt, schließlich hat man doch immer für sich selbst gespielt und gewonnen. Hier jedoch sind wir alle ein Team und beratschlagen gemeinsam, wo welches Plättchen gelegt wird. Prinzipiell könnte also auch immer die gleiche Person ein Plättchen aufdecken. Das nimmt in gewisser Weise etwas die Spannung und den Kampfgeist heraus, aber gerade für Familien und Kinder ist das eine lang erwartete Variante. Je höher das Level wird, umso größer und wichtiger ist der gemeinsame Planungsaspekt. Das gelingt dem Spiel sehr gut.

Die Idee mit den Nebelgeistern kam in unserer Runde auch gut an. Die Angst davor, dass der Geistervorrat sich leert und das Spiel endet, ist stets präsent und sorgt für Spannung. Die beiden Plättchen Schloss und Friedhof reihen sich sehr gut ins Spiel ein und sorgen für eine ausgewogene Balance. Ob man den Hund wirklich braucht, weiß ich nicht. Er ist auf alle Fälle praktisch um Geister zu entfernen und eine höhere Punktzahl zu erzielen, was insbesondere in den letzten Leveln sehr wichtig ist, doch hätte ich mir hier noch etwas Cooleres gewünscht.

Auch die Integration ins Hauptspiel als Erweiterung ist gut umgesetzt worden. Jetzt kann man andere (oder bei Pech sich selbst) schön ärgern und sogar Minuspunkte erzielen. Das man dafür eigene Regeln (die auch wirklich sehr abweichen) erstellt hat, finde ich lobenswert und richtig.

Aufgrund des Koop-Charakters ist die Spieleranzahl hier nicht ganz so relevant. Man kann es gut zu zweit spielen, es können aber auch 5 Personen sein. Auch das Alter spielt eine untergeordnete Rolle. Man muss zwar die Regeln verstanden haben, doch können auch jüngere Kinder problemlos einsteigen.

Fazit: Für mich ist das erste kooperative Carcassonne rundum gelungen. Es lässt sich als eigenständiges Spiel, aber auch als Erweiterung mit dem Hauptspiel bestreiten. Die Balance stimmt und auch die einzelnen Level sorgen für viel Abwechslung in gewohnter Carcassonne Manier. Es fällt mir daher schwer, eine genaue Zielgruppe zu benennen. Als Erweiterung sicherlich für Vielspieler geeignet, als eigenständige Spielversion in erster Linie für Familien mit Kindern konzipiert. So oder so kann man jedoch wenig falsch machen und sollte es selbst einmal spielen.

Name: Nebel über Carcassonne
Erscheinungsjahr: 2022
Spieler: 1 – 5
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: 35 min
Autor(en): Klaus – Jürgen Wrede
Verlag: Hans im Glück

Nebel über Carcassonne
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