hengistTiefer Nebel liegt über der Küste Britanniens und der Mond steht hoch am Himmel. Nicht unweit von der Küste entfernt nähert sich leise ein Boot und schaukelt friedlich mit den Wellen auf und ab. Doch der Schein trügt, denn auf den Boot befinden sich ein Dutzend Wikinger, welche die nichts ahnenden Bürger Britanniens ausrauben wollen. Schließlich warten viele Schätze in den Siedlungen darauf, erbeutet zu werden. Doch bevor es soweit ist, müssen die Wikinger vom Strand aus einen geeigneten Weg zu den Siedlungen finden und dazu benötigen sie Ihre Hilfe.

Was steckt drin
Obwohl die Spielschachtel recht klein gehalten wurde, befindet sich in ihr eine Menge Inhalt. Ein Highlight ist definitiv das kleine Papp-Wikingerboot, welches im Handumdrehen zusammengebaut werden kann. Daneben findet man noch 3 Buchtpläne, 12 Wegplättchen, 6 Spielfiguren (je drei in rot und blau), 3 Schildmarker, 30 Schatzplättchen, 60 Spielkarten und ein Regelheft wider. Leider besitzt die Schachtel kein Inlay, weshalb man sich mit Tütchen behelfen muss, damit nicht alles durcheinander gerät.

Spielverlauf
Zu Beginn werden die drei Buchtpläne nebeneinander auf den Tisch gelegt. Diese symbolisieren die Küste Britanniens und sind in fünf Bereiche aufgebaut: der Bucht, dem Strand, dem Hinterland, der Wegkreuzung und den Siedlungen. Das Wikingerschiff wird mit allen 6 Spielfiguren (3 pro Spieler) an die erste Bucht gestellt. Des Weiteren werden auf jedem Buchtplan eine verdeckte Wegkreuzung und je vier Schatzplättchen platziert.

Die Zahlen auf den Schatzplättchen symbolisieren die Größe des Schatzes und werden aufsteigend von groß nach klein an dem Spielplan angelegt. Zudem erhält jeder Spieler 3 Spielkarten. Auf den Karten sind dabei verschiedene Symbole abgebildet (Landschaftskarten) oder ein schwarzer Wikinger (Entdeckerkarten). Ziel des Spiels ist es, während der Partie so viele Schätze wie möglich zu sammeln. Ein Spielzug besteht dabei immer aus zwei Teilen, den Aktionen des Plündertrupps und Karten nachziehen.

Aktionen der Plündertrupps
Das Setzen einer Spielfigur auf den angrenzenden Strand bzw. von diesem ins Boot ist kostenlos. Ansonsten darf jeder Spieler in seinem Zug mit jeder seiner Figuren genau 1 Aktion ausführen, welche hier kurz beschrieben werden:

1) Um das Hinterland zu betreten, benötigt man eine Karte mit dem Symbol, welches auf dem Weg vom Strand zum Hinterland abgebildet ist. Genauso benötigt man eine entsprechende Karte, um wieder zum Strand zu gelangen bzw. zu einem angrenzenden Buchtplan. Die gespielte Karte kommt anschließend auf den Abwurfstapel.

2) Vom Hinterland führen vier Wege zu den Siedlungen und damit zu den begehrten Schätzen. Je nach gewähltem Weg muss man zwei oder drei Karten mit den geforderten Symbolen ausspielen. Hier gibt es jedoch noch eine kleine Gemeinheit. Man weiß vorher nicht, welcher Weg zu welchem Schatz führt. Wenn man sich für einen Weg entschieden hat und die benötigten Karten besitzt, dreht man verdeckt vor den Blicken des Mitspielers das Plättchen mit der Wegkreuzung um.

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Dieses zeigt an, zu welchem Schatz der Weg letztendlich führt und welches Schatzplättchen man sich wegnehmen darf. Danach legt man die Wegkreuzung wieder verdeckt auf den Spielplan und darf nicht erneut darunter sehen! Die Spielfigur steht am Ende des Zuges wieder im Hinterland. In den Regeln wird nicht beschrieben was passiert, wenn ein Spieler einen Weg benutzt, der zu einem bereits geplünderten Schatzplättchen führt. Um das Spiel spannender zu gestalten schlage ich vor, dass derjenige Spieler in diesem Fall Pech hat und leer ausgeht.

3) Man kann auch eine Entdeckerkarte spielen. Diese gilt einerseits als Joker (für jedes beliebige Landschaftssymbol) und zum anderen auch als Spion, um unter eines der verdeckten Wegplättchen zu schauen. Entscheidet man sich für den Spion, legt man ein Schildplättchen der eigenen Farbe auf die Wegkreuzung um anzuzeigen, dass man jederzeit erneut einen Blick unter die Kreuzung werfen darf.

4) Falls man während des Spiels eine oder mehrere Spielfiguren verloren hat, darf man eine Entdeckerkarte spielen, um die Figur wieder ins Boot zu setzen.

Das Wikingerboot bewegt sich immer dann eine Bucht weiter, sobald eine Entdeckerkarte ausgespielt wurde. Es gibt ausdrücklich keine andere Möglichkeit, um das Boot in Bewegung zu setzen! Sollte sich das Boot am rechten Spielrand befinden und muss zur nächsten Bucht weiter gezogen werden, wird der erste (linke) Buchtplan entfernt und umgedreht an den rechten Buchtplan wieder angelegt. Das Boot kann somit wieder fahren. Alle Schätze und Spielfiguren die auf den entfernten Buchtplan standen, werden beiseite gelegt. Nur über Entdeckerkarten können die Spielfiguren wieder ins Boot geholt werden.

Karten nachziehen
Sobald der Spieler mit jeder seiner Figuren eine Aktion durchgeführt hat, zieht er 2 Karten nach. Für jede Figur die zudem im Hinterland steht, darf man eine weitere Karte nachziehen. Das Handkartenlimit beträgt 15 Karten.

Spielende
Wenn zum vierten Mal ein neuer Buchtplan angelegt werden müsste, endet das Spiel. Der Spieler mit dem größten Schatzwert gewinnt das Spiel.

Fazit
Ich war sehr neugierig auf Hengist, da Spiele für zwei Personen nicht allzu verbreitet sind. Ein großes Lob gilt besonders der Illustration, welche rundum gelungen ist und perfekt zum Wikingerthema passt. Auch das Wikingerboot aus Pappe erhöht das Spielgefühl deutlich und sieht einfach schick aus.

Eine Spielrunde ist mit ca. 30 Minuten nicht allzu lang und aufgrund der einfachen Regeln auch für jüngere Spieler gut geeignet. Teilweise ist es leider etwas schwierig, die Wegfarben blau und grün auseinander zu halten, daher sollte es im Raum nicht allzu dunkel sein.

Kommen wir nun leider zu den nicht so erfreulichen Dingen. Wie bereits erwähnt, befindet sich in der Spielschachtel kein Inlay, sodass Boot, Karten und Plättchen schnell durcheinander fliegen. Abhilfe schaffen hier nur kleine Tütchen, in denen das Spielmaterial getrennt verpackt werden kann.

Leider hat sich in den Testrunden gezeigt, dass die Spielbalance und der Spielmechanismus nicht aufeinander abgestimmt sind und die Spieler an vielen Stellen verzweifeln lassen. Dies ist bereits zu Beginn deutlich erfahrbar, weshalb ich darauf näher eingehen möchte.

Der (Start-) Spieler darf mit jeder seiner drei Spielfiguren je eine Aktion durchführen, wobei das Bewegen vom Boot in den Strand kostenlos ist. Jetzt kann es beispielsweise passieren, dass der Startspieler alle drei Figuren auf den Strand setzt und seinen Zug beendet. In dem Fall zieht er zwei Karten nach und sein Mitspieler ist dran, welcher jedoch nur einen Spion spielen kann, da der Strand bereits komplett belegt ist.

Nur mit dem Ausspielen einer Entdeckerkarte (Spion spielen) darf er das Boot nämlich weiterbewegen und kann dann mit seinen restlichen 2 Spielfiguren den Strand betreten (1 Aktion war der Spion). Sollte er keine Entedeckerkarte haben, muss er auf seinen Zug verzichten und zieht 2 Karten nach. Genauso gut kann der Startspieler in seinem ersten Zug auch alle drei Figuren ins Hinterland bewegen. Er zieht 5 Karten nach und sein Mitspieler kann nur noch auf den Strand ziehen (Hinterland ist komplett belegt) und 2 Karten nachziehen.

Selbst eine Mischung aus beiden ist eine deutliche Benachteiligung für den zweiten Spieler! Etwas gleicht sich diese Sache aus, denn wenn Spieler 1 seine ganzen Figuren bereits am Anfang aus dem Boot holt, kann sich das schnell rächen. Wenn die erste Bucht entfernt wird und man seine Spielfiguren nicht in Sicherheit gebracht hat, werden sie alle entfernt.

Bis jedoch der erste Buchtplan entfernt wird, hat der Startspieler genug Möglichkeiten erhalten, um ungestört die komplette erste Bucht mit Schatzkärtchen leer zu räumen. Auch kam es vor, dass ein Spieler alle Spielfiguren verloren hat und ohne entsprechende Entdeckerkarte handlungsunfähig war und zusehen musste, wie sein Mitspieler sich einen Schatz nach dem anderen holte.

Ein weiteres Problem sehe ich bei den Wegkreuzungen. Es ist zwar eine schöne Idee, dass man nicht weiß, welcher Weg wohin führt, doch ist diese Umsetzung einfach nicht ausgereift. Sicherlich kann man einen Spion einsetzen, um jederzeit unter eine entsprechende Kreuzung zu sehen, doch genauso gut kann man es drauf ankommen lassen, ohne drunter zu sehen einen Weg zu benutzen.

Sobald man einen Weg gewählt hat, muss man sowieso die Kreuzung anschauen um festzustellen, wohin die Reise geht. Dabei kann man sich in Ruhe die Wegführungen einprägen und weiß auch in kommenden Zügen, welcher Weg zu welchem Schatz führt. Eine hohe Merkleistung ist dabei nicht gefordert. Des Weiteren hat der Mitspieler keine Gelegenheit zu überprüfen, ob sein Mitspieler auch das richtige Schatzplättchen genommen hat, er darf ja (in den meisten Fällen) nicht drunter sehen.

Von der Idee und Illustration her, ist Hengist ein schönes Spiel. Aufgrund der mangelnden Spielmechanik jedoch derzeit nicht zu empfehlen, es sei denn, man stört sich an diesen Dingen nicht. Hier wurde leider eine Menge Potential im wahrsten Sinne verspielt!

Erscheinungsjahr: 2015
Name: Hengist
Spieler: 2
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: 20 min
Autor(en): Uwe Rosenberg
Verlag: LookOut Spiele

Hengist
Markiert in:     

Ein Kommentar zu „Hengist

  • 10/03/2016 um 23:44 Uhr
    Permalink

    Regel-Update für Hengist!

    Lookout Spiele hat reagiert und die Regeln für Hengist überarbeitet. Damit wird die oben angesprochene Start-Problematik beseitigt und das Spiel sollte deutlich besser funktionieren.

    Die neue Anleitung kann bei Lookout Spiele heruntergeladen werden.
    Link: http://lookout-spiele.de/wp-content/uploads/Hengist_Regeln_V2.pdf

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