Nachdem Cascadia zum Spiel des Jahres 2022 (Kritikerpreis) gewählt wurde, dürfen wir uns nun auf die ersten „Roll and Write“-Varianten freuen: Cascadia: Rolling Hills und Cascadia: Rolling Rivers. Für alle, die mit dem Begriff „Roll and Write“ nicht vertraut sind: Dabei handelt es sich um Brettspiele, in denen die Spieler Würfel werfen und die Ergebnisse auf einem Blatt Papier oder einem Spielbrett eintragen, um Aufgaben zu erfüllen oder Punkte zu sammeln.
In Cascadia: Rolling Hills und Rolling Rivers schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Landschaftsverwalters, der mit cleveren Entscheidungen und einer Prise Strategie die tierische Vielfalt dieser Region fördern möchte. Wie im Hauptspiel müssen Bären, Hirsche, Füchse, Bussarde und Lachse angesiedelt und die Lebensräume harmonisch miteinander verbunden werden. Beide Editionen sind eigenständig spielbar, aber dazu mehr im Abschnitt „Editionenvergleich“.
Was steckt drin
Beide Editionen bieten fast identisches Spielmaterial, abgesehen von einigen kleinen Anpassungen. Im Spiel enthalten sind 4 zentrale Hauptwürfel, 8 persönliche Würfel (je 2 pro Spieler), verschiedene Wildniskarten, Zapfenmarker, Vorteilskarten, Übersichtskarten sowie die Tierbögen und Landschaftspläne. Die Landschaftspläne sind beidseitig bedruckt und bieten mit ihren 4 Varianten sehr unterschiedliche Spielerlebnisse.
Spielvorbereitung
Die Vorbereitung ist einfach und schnell erledigt. Jeder Spieler erhält ein Set aus zwei persönlichen Würfeln, wobei darauf geachtet werden muss, dass man zwei verschiedene Würfel erhält, die unterschiedliche Tierarten zeigen. Zudem bekommt jeder Spieler einen Tierbogen und einen Landschaftsplan, auf den sich die Gruppe geeinigt hat. Die Wildniskarten werden in Stufen I und II aufgeteilt, wobei von jeder Wildnisart (Wald, Gebirge, Feuchtgebiet, Fluss, Prärie) eine zufällige Karte entfernt wird, sodass insgesamt 20 Karten im Spiel sind.
Die Stapel werden gemischt und getrennt in die Tischmitte als gemeinsamer Stapel gelegt. Die oberste Wildniskarte wird gezogen und rechts vom Nachziehstapel aufgedeckt. Dies wird der erste von 4 Kartenplätzen sein, die im Verlauf des Spiels belegt werden. Zudem wird auf jedem Kartenplatz eine zufällige Vorteilskarte platziert, sodass jede Partie ein wenig anders verläuft.
Spielverlauf
Es werden genau 20 Runden gespielt, bis die letzte Wildniskarte aufgedeckt wurde. In jeder Runde würfelt ein Spieler die 4 Zentralwürfel. Danach würfeln alle Spieler gleichzeitig mit ihren 2 persönlichen Würfeln und entscheiden, welche Tierart(en) sie in dieser Runde sammeln möchten. In der Regel darf man nur eine Tierart wählen, doch durch Zapfenaktionen oder Sonderwürfel kann man die Möglichkeit erhalten, mehr als eine Art zu sammeln. Die Tiere sind nach ihrer Seltenheit angeordnet: Ganz oben steht der Bär, gefolgt vom Hirsch, Fuchs, Bussard und schließlich Lachs.
Die gesammelten Tiere werden auf dem Tierbogen markiert, indem die alte Zahl durchgestrichen und die neue Anzahl notiert wird. Oft benötigt man eine bestimmte Tierart und muss eine Zapfenaktion nutzen, damit man sie erhält. So lässt sich die Tierart um eine Stufe mittels eines Zapfens herunterstufen. Alle gewürfelten Bussarde zählen dann zum Beispiel als Lachse. Gibt man zwei Zapfen aus, kann man die Tierart hochstufen, und bei drei Zapfen kann man sogar zwei Tierarten gleichzeitig sammeln.
Im letzten Schritt besteht die Möglichkeit, eine Wildniskarte zu erfüllen. Dazu müssen die auf der Karte angezeigten Tiere abgegeben (angesiedelt) werden, und der Wert der Karte kann auf den Landschaftsplan eingetragen werden. Zudem gibt es einen Vorteil, wie beispielsweise, dass man eine Tierart weniger benötigt oder nach Erfüllung noch eine Tierart geschenkt bekommt.
Dieser Mechanismus ist relativ simpel und unterscheidet sich wenig von ähnlichen Spielen dieses Genres. Umso spannender ist die Wahl des Spielplans. In Cascadia: Rolling Hill/ Rivers stehen vier einzigartige Landschaftspläne zur Auswahl, die jeweils ihre eigenen besonderen Gameplay-Elemente bieten. Jeder Plan repräsentiert einen spezifischen Lebensraum und bringt unterschiedliche Herausforderungen und Strategien mit sich.
Blatt A: Dieses Blatt richtet sich an Anfänger und ist sehr familienfreundlich. Hier kann man besonders gut von den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Tierarten profitieren, und Punkte werden direkt auf dem Plan notiert. Wenn man im Laufe des Spiels zwei gleiche Gebiete erfüllt, gibt es zudem Belohnungen in Form von Punkten oder Tiergeschenken.
Blatt B: Hier wird es bereits komplexer, da man die Punktzahl nicht direkt einträgt, sondern auf der Gebietsleiste um entsprechend viele Felder vorrückt. Oftmals erhält man Boni und hat eine große Auswahl an Möglichkeiten.
Blatt C: Auch hier werden Gebiete umkreist, jedoch wirkt der Plan mehr wie eine Landkarte, und man muss angrenzend umranden. Auf den Feldern ist die jeweilige Siegpunktzahl angegeben, und es gibt Sonderpunkte, wenn man alle Gebiete einer Art umrundet hat.
Blatt D: Mit einem Fokus auf die Vielfalt der Tierarten in den verschiedenen Lebensräumen bietet dieses Blatt interessante Punkte für die Platzierung der Tiere. Hat man beispielsweise ein Flussfeld mit der Nummer 3, so muss man aus den zur Erfüllung der Karte notwendigen Tieren drei auf den Spielplan schreiben. Hier kommt auch das Spielgefühl des Grundspiels zum Tragen, da die Tiere wieder bestimmten Bedingungen zur Anordnung unterliegen.
Spielende
Nach 20 Runden endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt die Partie.
Editionenvergleich
Es stellt sich schnell die Frage, welche Edition man sich kaufen soll und ob beide zu besitzen Vorteile bringt. Hier muss ich sagen, dass die Unterschiede wirklich gering sind. Der Spielablauf und der Inhalt sind fast identisch. Jede Version bietet jedoch einen eigenen (leicht anderen) Spezialwürfel, und die Wildniskarten unterscheiden sich ebenfalls etwas.
Die vier verschiedenen Landschaftspläne haben zwar einen identischen Grundaufbau, aber die Belohnungen und Anordnungen der Felder sind unterschiedlich, sodass sich auch das Spielgefühl leicht verändert. Wenn man beide Editionen besitzt, kann man das Spiel sogar mit bis zu 8 Personen spielen. Welche Variante sich für einen mehr eignet, kann ich daher nicht sagen. Man kann sich ganz auf das eigene Bauchgefühl verlassen und schauen, welche Box einen mehr anspricht.
Fazit
Im Vergleich zur Landmark-Erweiterung präsentiert sich Cascadia: Rolling Hills/Rivers als eigenständiges Spiel, das sich aufgrund seines Würfelmechanismus deutlich vom Hauptspiel abhebt. Beginnen wir mit dem äußeren Erscheinungsbild: Das Spielmaterial fühlt sich hochwertig an, auch wenn die Würfel nicht immer zu 100% korrekt bedruckt sind und bei genauem Hinsehen leichte Farbabweichungen auffallen können. Dies mindert jedoch nicht den Gesamteindruck. Ein großes Lob gebührt den wunderschönen Illustrationen, die, wie im Hauptspiel, großartig umgesetzt sind und sofort ein heimisches Gefühl vermitteln.
Allerdings könnte man auch kritisieren, dass die Thematik austauschbar wirkt. Anstelle von Tieren hätten es ebenso gut bunte Murmeln sein können, die gesammelt werden. Diese Anmerkung mag hart erscheinen, doch beim Grundspiel verspürte man eine stärkere Verbundenheit zur Thematik von Natur und Ökosystemen. Zudem sind die Tierbögen und Landschaftspläne relativ klein, wodurch die Vielzahl an Symbolen manchmal nur schwer zu erkennen ist. Ich verstehe, dass aus Platz- und Kostengründen gespart werden muss, aber insbesondere ab Landschaftsplan B wird es unübersichtlich und fummelig, die verschiedenen Tiere und Boni einzutragen.
Der Grundmechanismus des Spiels ist solide und lässt sich gut mit ähnlichen Spielen vergleichen. Es macht großen Spaß, die Tiere zu sammeln und die Landschaften zu erfüllen. Leider ist die Interaktion mit den Mitspielern sehr begrenzt. Abgesehen von Fragen wie „Wer ist mit Würfeln dran?“ oder „Seid ihr schon fertig?“ bleibt der Austausch eher oberflächlich, da jeder Spieler für sich selbst agiert. Das könnte für einige Spieler enttäuschend sein, insbesondere für Familien, die eine kommunikative Spielerfahrung suchen.
Persönlich stört mich dieser Aspekt jedoch nicht, da ich ein strategischer Spieler bin, der gerne für sich selbst plant. Die verschiedenen Landschaftspläne bieten unzählige Strategien, die es auszuprobieren gilt, was wiederum Anfänger schnell überfordern kann. Zudem verläuft keine Partie wie die vorherige, da stets unterschiedliche Vorteilskarten ausliegen, die das Spielgeschehen beeinflussen.

Die Landschaftspläne der beiden Editionen unterscheiden sich in den Details, jedoch nicht im Grundaufbau. Beide Editionen sind hervorragend spielbar, und ich könnte mich nicht für eine entscheiden. Laut Verpackung ist das Spiel für 1 bis 4 Personen geeignet, und mit beiden Editionen kann man sogar bis zu 8 Spieler unterbringen. Meine persönliche Empfehlung liegt bei maximal 3 Spielern, da sich die Wartezeiten in Grenzen halten und eine Partie etwa 30 Minuten dauert.
Aufgrund der geringen Interaktion könnte man Cascadia: Rolling Hills/Rivers auch als perfektes Solospiel betrachten. Dies wird zusätzlich durch die verschiedenen Szenarien und Herausforderungen unterstützt, die jede Edition bietet. Ich persönlich bleibe beim normalen Modus, doch wer Herausforderungen liebt und ständig nach neuen Anreizen sucht, wird mit diesen Beigaben viele Stunden Freude haben.
Zur Familienfreundlichkeit habe ich bereits erwähnt, dass ich das Spiel aufgrund der fehlenden Kommunikation und Interaktion als weniger familienfreundlich einstufen würde. Dennoch lässt sich das Spiel aufgrund des Schwierigkeitsgrads, der Aufmachung und des Genres auch wunderbar mit jüngeren Spielern ab 8 Jahren spielen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich trotz einiger kritischer Punkte von Cascadia: Rolling Hills/Rivers sehr überzeugt bin. Es macht großen Spaß, verschiedene Strategien auszuprobieren, und der Glücksfaktor ist (Wortwitz) zum Glück nicht allzu hoch, da man mit den Zapfen das Würfelergebnis meist beeinflussen kann. Die Illustrationen sind wunderschön, lediglich der Spielplan könnte größer und übersichtlicher gestaltet sein.
Es ist wichtig zu betonen, dass sich das Spiel grundlegend anders anfühlt als das Hauptspiel. Wer ein ähnliches Spielgefühl sucht, sollte sich besser die Erweiterung Landmarks ansehen. Wer jedoch die Thematik mag und dem „Roll and Write“-Charakter positiv gegenübersteht, wird mit Cascadia: Rolling Hills/Rivers viel Freude haben.
Name: Cascadia: Rolling Hill/ Rolling Rivers
Spieler: 1 – 4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 30 min
Autor(en): Randy Flynn
Verlag: Kosmos