
Der Autor Germán P. Millán dürfte einigen schon von Bitoku und Sabika bekannt sein. In Men-Nefer entführt er uns ins alte Ägypten wo wir in diesem verzahnten Optimierungsspiel für die damalige Zeit typische Aktionen ausführen. Wie das funktioniert schauen wir uns genauer an.
Material
Die quadratische Box mit einem Gewicht von rund 2,5 kg verspricht einiges an Material und wir werden hier nicht enttäuscht. Neben dem riesigen Spielplan samt Zusatzplan (!) und vier großen stabilen Spielertableaus finden sich fast 200 Pappplättchen in unterschiedlichen Funktionen sowie über 200 Holzteile in den vier Spielerfarben in der Box.
Die Farben sind in Pastelltönen gehalten, fügen sich aber gut in das Artwork auf dem Spielplan und sind klar erkennbar. Die Holztoken sind dabei ja nach Einsatzzweck modelliert und bilden so Lehrlinge, Priesterinnen, Mumien, Boote, Sphinxe, Horusaugen, Anchs, Fische, Federn, Siegel, Sonnenscheiben, Wasserlilien, Skarabäen und Körbe dreidimensional ab.
Schnöde Holzwürfel gibt es auch noch. Ansonsten stechen natürlich die weißen Pyramiden mit goldenen Spitzen heraus. Schon diese Aufstellung zeigt, dass uns ein komplexes Expertenspiel erwartet, welches mit dem Material alles richtig macht.

Regeln und Ablauf
Schon der Spielaufbau besteht aus fast 30 Schritten, die aber mit der Anleitung und gemeinsamer Arbeit zügig erledigt werden können. Bei den ersten Partien dürften einige der Begriffe noch nicht 100% verinnerlicht sein, sollten dann aber im weiteren Verlauf keine große Hürde darstellen, insbesondere da die Regel diese auch am Anfang erklärt.

Men-Nefer wird in drei Zeitalters gespielt, in denen jeder Spieler jeweils neun mal am Zug ist, insgesamt also 27 Spielzüge pro Spieler über den gesamten Spielverlauf. Ein Zeitalter ist dabei in drei Phasen unterteilt. In Überschwemmungsphase erhalten wir Nahrung und Hek, die eingesetzten Lehrlinge werden zurückgeholt und Plättchen aufgefüllt.
Direkt nach dem Spielaufbau entfällt diese Phase. Die Phase zwei, die Aussaat, ist die Hauptphase des Spiel auf die ich gleich genauer eingehen werden. In der dritten und letzten Phase, der Erne, wird gewertet und Punkte nach unterschiedlichen Kriterien vergeben. Diese Wertung findet auch genauso nach der dritten Runde statt, es gibt keine dedizierte Endwertung, was tatsächlich gut funktioniert.
Zurück zur Hauptphase und den Optionen der Spieler. Diese Optionen sind ebenfalls in drei Gruppen unterteilt, die pro Runde jeweils drei mal ausgeführt werden müssen.

Um ein Lebenshaus zu besuchen, platziert man einen Lehrling von seinem Tableau auf der Sonnenseite des Lebenshauses und zahlt dafür Nahrung. Je mehr Lehrlinge sich auf dem Zielfeld befinden, desto teurer wird die Aktion. Die Aktion ist nicht einem der fünf Sonnenfelder zugeordnet sondern liegt auf dem Spielertableau.
Dieses Aktionsplättchen ist am Spielanfang zufällig bestimmt, und wird im weitern Spielverlauf über die Option „Aktionsplättchen nehmen“ gezielt für die Zukunft gewählt. Mit dieser Option erhält man, neben dem Plättchen auch ggf. Nahrung oder muss dafür bezahlen, je nachdem wo es auf dem Spielplan lag.
Die letzte Option ist die Steigerung der Spezialisierung. Hierbei schiebt man einen vorher auf der Sonnenseite platzierten Lehrling auf die Mondseite und zahlt wieder Nahrung je nachdem wieviele Lehrlinge hier bereits warten. Jeder der fünf Mondseiten ist eine Spezialisierungsleiste zugeordnet auf der sich ein Skarabäus bewegt.
Je weiter dieser voran schreitet, desto besser sind die so ausgelösten Aktionen. Wie man an den drei Optionen erkennen kann, bauen diese aufeinander auf. Im ersten Zug einer Runde muss ich erst ein Lebenshaus besuchen. Erst in einer der folgenden Aktionen kann ich dann meine Spezialisierung steigern oder ein neues Aktionsplättchen nehmen.

Die Aktionen selbst beziehen sich nun auf verschiedene Bereiche des Spielplans. Bei der Pyramidensektion, mit dem Anbau der Spielplans, erreichten wir eine große und drei kleine Pyramiden. Um das zu bewerkstelligen, bewegen wir Steinblöcke und schalten je nach Position Boni frei.
Um die Nekropole zu nutzen, müssen wir unsere Mumien zunächst einbalsamieren um diese dann als Sarkophag zu bestatten. Hier erhalten wir je nach Position unterschiedliche Boni und Schriftrollen.
Im Tempel bringen unsere Priesterinnen Waren als Opfer dar. Diese müssen zunächst gekauft oder als Bonus erhalten werden. Die dargebrachten Opfer bringen je nach Ebene unterschiedlich viele Punkte und bewegen unseren Obeliskmarker nach oben.
Auf dem Nil bewegen wir unsere Boote übers Wasser um Nahrung und in Städte, um dort Handelsabkommen einzusammeln.
Schlußendlich können wir noch Sphinxe meißeln und an verschiedenen Plätzen auf dem Spielplan errichten. Dieser dienen eher als Unterstüzungsaktionen und geben diverse Boni. Im Gegensatz zu den anderen vier Aktionsmöglichkeiten dürfte ein reiner Fokus auf Sphinxe nicht zum Sieg führen.
In der bereits angesprochenen Ernte werden die verschiedenen Bereiche gewertet. Je nach Anzahl von Schriftrollen bewegt sich die Feder auf der Duatleiste weiter. Dort gibt es Punkte für die Summe zwischen Herz und Feder, welche auch negativ sein können! Handelsabkommen werden gewertet, sofern diese erfüllt sind. Sarkophage und Pyramide geben Punkte je nach Platzierung der entsprechend Elemente.
Das Spannende an der Wertung ist, dass diese kumulativ sind. Ein Handelsabkommen, welches bereits im ersten Zeitalter erfüllt wurde, wird auch in Zeitalter zwei und drei gewertet. Entsprechend analog verhalten sich auch die anderen Wertungen, so dass ein früher Fokus viele Punkte bringen kann.
Solospiel
Dem Solospiel ist die Rückseite des Spielplans, ein Würfel und einige zusätzliche Plättchen gewidmet. Unser Widersacher Imhotep verfolgt so zufällige Platzierungen auf dem Spielplan und verhält sich ähnlich zu einem Mitspieler. Ein eigenes Regelheft für den Solomodus ist vorhanden und erklärt die Unterschiede und besonderen Abläufe während des Spiels.

Für mich war der Solo-Modus gut als Einstieg in Men-Nefer geeignet, auch wenn die Notwendigkeit, zwei Regelhefte bei Fragen zu konsultieren, noch mehr Platz benötigt, als das Spiel sowieso schon braucht. Ob einem das Solo-Spiel zusagt, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Ich bin kein großer Fan von Solospielen, bei denen man die Punktzahl des Bots schlagen muss und auch die schiere Masse an Material und die Aufbauzeit sollten hier nicht außer acht gelassen werden. Auch fehlt etwas das Taktieren bei der Platzierung der Lehrlinge, da Imhotep nicht immer so handelt wie ein Spieler es tun würde.
Fazit
Men-Nefer bietet ein rundes und gut verzahntes Optimierungsspiel auf Expertenniveau. Besonders gut hat mir der Wertungsmechanismus gefallen, der ohne Endwertung auskommt und durch die kumulative Art ein fokussiertes Spiel belohnt. Bei den Lebenshäusern sollte man sich auf zwei fokussieren, sofern die Mitspieler durch eigene Platzierung die Nutzung nicht übermäßig teuer machen.
Thematisch passen die Aktionen zwar zu Ägypten, sind aber mechanisch nicht wirklich hart verdrahtet. Ein anderes Thema mit den gleichen Mechanismen wäre sicher möglich gewesen. Ich mag das Ägypten Thema zwar, würde Men-Nefer aber auch gerne spielen, wenn es sich um ein Weltraumspiel Handel würde. Das Material ist wirklich hochwertig und die unterschiedlichen Formen und Farben sind ein Pluspunkt.

Die angegeben Spielzeit lässt sich, Erstpartien ausgenommen, einhalten. Wobei wir sicher keine Partie in 60 Minuten beendet könnten. Die 120 Minuten sind da schon realistischer. Die optimale Spielerzahl würde ich bei drei Spielern sehen. Zwar müssen hier auch Lehrlinge zur „Blockade“ eingesetzt werden, aber der Wettstreit um die Lebenshäuser ist hier interessanter als zu zweit. Bei vier Spielern steigt die Spielzeit, ohne das sich das Spielgefühl großartig ändert. Das Solo-Spiel ist wie beschrieben gut umgesetzt und bildet das Spielgefühl einer Partie mit zwei Spielern gut ab.
Die möglichen Optionen in einem Spielzug, sowie die verfügbaren Aktionen hören sich zunächst nach wenig an, werden aber durch die ausgelösten Boni komplexer. Vor allem die Auswahl der Aktionsplättchen, die man im nächsten Zeitalter verwenden möchte, erfordert einiges an Vorausplanung und Optimierung um mit den Lebenshäusern und den dort beschrittenen Steigerungsleisten zu harmonieren. Hier könnten Spieler, die zu „Anlaysis-Paralysis“ neigen, durchaus einiges an Zeit kosten.
In Summe ist Men-Nefer ein gut gemachtes Expertenspiel, welches sicher einige Partien erfordert, um es gut zu spielen. Bei uns bekommt Men-Nefer einen festen Platz in der Sammlung und wird gerne gespielt, sofern der Tisch den Platz hergibt. Von uns eine klare Empfehlung von Fans komplexer Spiele.
Name: Men-Nefer
Erscheinungsjahr: 2025
Spieler: 1 – 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 60-120 min
Autor: Germán P. Millán
Illustration: Laura Bevon
Verlag: Pegasus Spiele / Ludonova
