Steam_Time_VerpackungWörtlich übersetzt bedeutet Steam Time so viel wie Dampfzeit oder Zeit des Dampfes. Und in der Tat befinden wir uns in der Zeit der Industrialisierung. Doch wer jetzt ein Spiel vermutet, bei dem Fabriken gebaut und gewaltige Eisenbahnstrecken errichtet werden, der irrt. Denn Steam Time führt uns auf eine Reise in die Vergangenheit und diese wird bestritten mit – ja Sie lesen richtig – dampfbetriebenen Luftschiffen.

Zugegebenermaßen klingt das etwas verrückt und unfassbar, aber genau das soll es auch sein! Das Temporalinstitut zur Monumentexploration (kurz T.I.M.E) beauftragt Sie nämlich, die kürzlich entstandenen Zeitphänomene zu untersuchen, die plötzlich überall auf der Welt auftreten. Auch gibt es wundersame Kristalle mit einzigartigen Eigenschaften zu entdecken, mit denen Sie ihr Luftschiff verbessern und effizienter arbeiten lassen können. Machen Sie sich also bereit für eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit mit Steam Time.

Spielinhalt
Der Spielinhalt kann sich sehen lassen. Neben einem zusammensteckbaren Spielplan mit verschiedenen Monumenttafeln lassen vor allem die 120 farbigen Kristalle das Spielerherz höher schlagen. Diese werten das Spiel optisch auf und lassen sich dank des beigelegten Stoffbeutels gut verstauen.

Weiterhin liegen Steam Time vier Luftschifftafeln (Spieltableaus), diverse Marker, eine Menge Spielkarten, hölzerne Rundenzähler und Holzfiguren (Luftschiffe) bei. Die Karten sind übersichtlich gestaltet und das verwendete Papier ist nicht zu dünn. Einzig ein beigelegtes Karton-Inlay und eine bessere Unterscheidbarkeit von schwarzen und grauen Kristallen wäre wünschenswert gewesen.

Spielaufbau
Zu Beginn wird der Spielplan zusammengesteckt und die (nach Spielerzahl unterteilten) Monumenttafeln angelegt. Diese zeigen verschiedene Zeitepochen, welche es zu bereisen gilt. Je nach Epoche ist ein markanter Ort zu sehen (z.B. Stonehenge) und es stehen verschiedene Aktionsfelder (Aufträge, Begegnungen, Kristalle, Gold, Upgrades und Expeditionen) zur Verfügung. Diese und andere Felder des Spielplans müssen demnach zu Beginn gemäß der Anleitung mit verschiedenen Karten und Plättchen bestückt werden.

Steam_Time_SpielbrettJeder Spieler erhält ein Spieltableau und drei Luftschiffe seiner Farbe. Das Spieltableau illustriert dabei ein großes dampfbetriebenes Luftschiff, mit welchem wir durch die Zeit fliegen können. Um dieses effizienter zu betreiben, lassen sich einzelne Bereiche wie die Brücke, der Maschinenraum, das Labor, das Zeitportal, die Midas-Maschine (Gold erzeugen) und die Rechenmaschine weiter ausbauen.

Dazu kommen die verschiedenfarbigen Kristalle zum Einsatz. Zu Beginn einer Partie erhält jeder Spieler einen schwarzen, pinkfarbenen, grauen, grünen und blauen Kristall, welcher in den entsprechend farbigen Bereich des Luftschiffes gelegt wird. Um den Vorteil des Startspielers auszugleichen, erhalten die anderen Spieler weiteres Startkapital. Weiterhin erhält jeder Spieler 8 Goldmünzen als Startkapital. Die weißen Kristalle gelten als Joker und sind daher nur schwierig zu erhalten.

Das Spiel verläuft über 5 Runden. Ziel ist es, größtmögliches Ansehen bei Mr. T.I.M.E zu erhalten. Um im Ansehen zu steigen, gehen die Spieler auf eine Reise durch die Vergangenheit, wobei sie berühmte Personen der Geschichte kennen lernen, verschiedene Aufträge für Mr. T.I.M.E erfüllen und sich Expeditionen anschließen können. Eine Runde besteht immer aus drei Phasen:

1. der Einkommensphase
2. der Aktionsphase
3. der Nachschubphase

Einkommensphase
Zu Beginn einer Runde erhalten die Spieler für ihre am Luftschiff angebrachten Upgrades verschiedene Ressourcen. Das können einerseits Kristalle sein, aber auch Ansehen, Steam oder Geld. Wer keine Upgrades besitzt, bekommt hier auch keine Boni. Daher entfällt diese Phase in der ersten Spielrunde. Steam wird übrigens beim Bezahlen eines Upgrades oder einer Expedition benötigt. Pro abgegebenen Steam darf man einen beliebigen Kristall in einen andersfarbigen Kristall umwandeln.

Aktionsphase
Der Startspieler beginnt und setzt eines seiner Luftschiffe auf ein freies Aktionsfeld einer beliebigen Monumenttafel, um eine Aktion durchzuführen. Nach Durchführung der Aktion ist der nächste Spieler an der Reihe. Das wiederholt sich so lange, bis jeder seine drei Luftschiffe gesetzt hat. Wichtig ist, dass die Spieler die Richtung des Zeitstroms einhalten müssen – das ist auf den Monumenttafeln von unten nach oben. Jedes weitere eigene Luftschiff muss mindestens eine Zeitepoche später, d.h. auf einer höheren Monumenttafel gesetzt werden, als das vorherige!

Im Folgenden möchte ich die einzelnen Aktionen etwas genauer erklären.

Aufträge
Steam_Time_KartenSetzt man sein Luftschiff auf das Auftragsfeld, nimmt man sich den links liegenden Auftrag und legt ihn verdeckt vor sich ab. Nach der letzten Spielrunde bringen diese Aufträge zusätzliches Ansehen, wenn sie am Ende erfüllt werden können. So erhält man beispielsweise pro durchgeführter Expedition noch einmal zwei Ansehen oder für je zwölf Münzen ein Ansehen zusätzlich.

Weiterhin kann man bei der Auftragsaktion einen Boni für den entsprechenden Bereich seines Luftschiffes erhalten. Das Auftragsfeld ist beispielsweise grün umrandet. In diesem Fall würde man schauen, wie viele grüne Kristalle sich im Bereich der Brücke auf seinem Spieltableau befinden. Für jeden Kristall der dort liegt, steigt das Ansehen sofort um 1.

Begegnung
Hier darf man sich – je nach Abbildung – zwei oder drei Begegnungskarten nehmen. Von diesen Karten sucht man sich wiederum eine aus und entscheidet sich für eine der abgebildeten Optionen. Begegnungen bringen dem Spieler immer Vorteile. Das können kostenlose Kristalle, Geld, Steam oder Ansehen sein.

Manche Karten gewähren auch den Mitspielern Begünstigungen. Da dieses Aktionsfeld blau umrandet ist, zählt man die blauen Kristalle in seinem Luftschiff. Für jeden Kristall erhält der Spieler bei Ausführung der Aktion ein Steam zusätzlich und rückt entsprechend viele Felder auf der Steamleiste voran.

Kristalle
Diese Aktion ermöglicht es dem Spieler neue Kristalle zu kaufen. Je nach Zeitepoche stehen unterschiedlich viele Kristalle zum Kauf zu Verfügung. Steam_Time_KristalleAuch werden zu Beginn jeder Runde neue Kristalle verdeckt gezogen, sodass die Auswahl stets verschieden ausfällt. Pro Kristall den man kaufen möchte, muss man 2 Gold an die Bank zahlen. Der Spieler muss diesen danach sofort in den entsprechenden Bereich seines Luftschiffes platzieren. Ist dort kein Platz mehr, darf er ihn nicht kaufen.

Auch kann es passieren, dass zu viele Kristalle in dem jeweiligen Bereich liegen und dieser überansprucht wird (erkennbar an der -2 in der oberen rechten Ecke der Ausprägung). In diesem Fall muss der Spieler zusätzlich 2 Gold an die Bank abgeben. Beim Wählen dieser Aktion erhält der Spieler zusätzlich für jeden im Besitz befindlichen schwarzen Kristall einen kostenlosen weißen Kristall von Mr. T.I.M.E.s persönlichen Vorrat gratis dazu.

Upgrades
Wer sein Schiff verbessern möchte, benötigt dafür Upgrades. Diese müssen, wie auch die Expeditionen, mit Kristallen bezahlt werden. Dazu stehen in der linken Hälfte verschiedene Buchstaben. Diese Buchstaben in Kombination mit der Aufwandskarte geben dem Spieler an, welche Kristalle er abgeben muss. So kann beispielsweise A für einen schwarzen Kristall stehen und B für einen gelben. Zu Beginn jeder Runde wird die Aufwandskarte ausgetauscht, sodass die Zuordnung immer neu ist.

Wer ein Upgrade gekauft hat, erhält einmalig sofort und danach in jeder Einkommensphase die darauf abgebildeten Ressourcen. Als Boni zählen dieses Mal die pinkfarbenen Kristalle, welche ein Voranschreiten auf dem Zeitportal ermöglichen. Hat der Zählstein den Kreis einmal umrundet, darf man eine weitere kostenlose Zusatzaktion durchführen.

Gold
Um an Gold zu kommen, setzt man sein Luftschiff auf das entsprechende Aktionsfeld und erhält die darauf angegebene Anzahl Gold. Zudem erhält man für jeden im Besitz befindlichen grauen Kristall 2 Gold zusätzlich.

Expedition
Möchte man eine Forschungsexpedition unternehmen, muss man erst einmal die entsprechenden Kosten in Form von Kristallen bezahlen. Auch hier geben die Buchstaben Auskunft über die geforderte Kristallsorte. Hat man diese bezahlt, legt man die Karte an sein Spieltableau an. Jetzt kommt es drauf an, wie viele gelbe Kristalle man momentan besitzt.

Je nach Anzahl erhält man verschiedene Boni, welche auf der Karte abgebildet sind. Besitzt man beispielsweise 3 Kristalle, erhält man all das, was bis zum 3. Kristall auf der Expeditionskarte angeben ist. Meistens bringen diese einem eine Menge Ansehen oder Gold. Es sind aber auch Steam, weiße Kristalle oder das Fortschreiten auf dem Zeitportal möglich.

Nachschubphase
Nachdem alle Mitspieler ihre Aktionen gewählt haben, werden die Luftschiffe wieder in den Hangar gestellt. Die oberste Monumenttafel wird ans untere Ende versetzt und alle Karten und Kristalle werden durch Neue ausgetauscht.

Spielende
Nach 5 Runden endet Steam Time. Nun werden noch alle im Besitz befindlichen Aufträge ausgewertet und der Spieler mit dem meisten Ansehen wird zum Sieger ernannt.

Module
Neben den Grundregeln enthält das Spiel noch zwei Erweiterungen, welche beliebig kombiniert werden können.
Steam_Time_SpezialistenMit der Erweiterung Sabotage erhält jeder Spieler ein Saboteurplättchen. Am Ende jeder Nachschubphase werden diese auf beliebige Aktionsfelder gelegt. Möchte ein Spieler eine Aktion nutzen, wo ein Saboteur liegt, muss er pro Saboteur auf diesem Aktionsfeld einen weißen Kristall abgeben.

Mit der Erweiterung Spezialisten erhält jeder Spieler einen Satz aus 9 Karten, auf denen verschiedene Personen abgebildet sind. Vor Spielbeginn sucht sich jeder Spieler 2 Karten aus und hat die Möglichkeit, vor jeder Aktion eine Karte ausspielen. Diese gilt so lange, bis sie von einer neuen Karte überdeckt wird. Man hat deshalb immer nur einen aktiven Spezialisten ausliegen, welcher jedoch einen gewaltigen Bonus mit sich bringt. Beispielsweise darf man den Zeitstrom ignorieren oder muss weniger Kristalle bezahlen. Je nach Strategie lohnt es sich also, bei einem Spezialisten zu bleiben.

Fazit
Ich war anfangs etwas enttäuscht, dass trotz der Reise durch die Vergangenheit die einzelnen Zeitepochen überhaupt keine Rolle spielen. Diese sind nur bildlich auf den einzelnen Monumenttafeln angedeutet und haben keinen Einfluss auf das Spielgeschehen. Dennoch konnte mich Steam Time gleich zu Beginn überzeugen. Die vielen verschiedenfarbigen Kristalle sind ein echter Hingucker und werten das Spiel optisch auf. Auch ist der Spielplan trotz des vielen Materials übersichtlich und aufgeräumt gestaltet. Das Steampunk-Design ist vielleicht für den ein oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig (wie soll man mit Dampfmaschinen durch die Zeit reisen), doch ist es recht gut aufeinander abgestimmt und insgesamt hübsch illustriert. An manchen Stellen hätte ich mir jedoch eine konsequentere Aufbereitung des Steampunk-Themas gewünscht.

Was mir sehr gefallen hat, sind allerdings die vielen Zusatzinformationen, die das Spiel wissbegierigen Spielern mitgibt. Macht man beispielsweise die Begegnung mit Marco Polo, so kann man auf der Rückseite der Anleitung nachlesen, wer diese Person war und wann sie gelebt hat. Dasselbe gilt für die Expeditionen. Hier kann man noch richtig was dazu lernen. Schön wäre es jedoch noch gewesen, wenn die Expeditionskarten auch eine geschichtliche Chronologie einhielten, was aber dem Spielverlauf nicht schadet. Etwas verwundert bin ich hingegen über das fehlende Karton-Inlay. Es liegen zwar kleine Tütchen und ein Stoffbeutel für alle möglichen Teile bei, doch werden diese anschließend nur in den Karton gelegt. Ein wenig mehr Ordnung hätte nicht geschadet.

Steam_Time_SpielertableauKommen wir zum wichtigsten Punkt: dem Spielmechanismus. Zugegeben, dieser ist nicht von Grund auf neu, funktioniert aber tadellos. Einerseits das Luftschiff mit Kristallen auszubauen, aber stets sein Ansehen bei Mr. T.I.M.E im Auge zu behalten, sorgt für Abwechslung und Spannung während der gesamten Partie.

Das Spiel lässt zudem verschiedene Siegstrategien mit Hilfe der Auftragskarten und Spezialisten zu. Je nachdem, mit wie vielen Personen man spielt, nutzt man auch verschiedene Monumenttafeln, auf denen wiederum unterschiedlich viele Aktionsfelder aufgedruckt sind. Damit ist man stets unter Druck gesetzt, sich für die beste Aktion zu entscheiden, bevor sie jemand anders belegt. Steam Time lässt sich auch gut mit jüngeren Personen spielen, da das Spiel fast vollständig auf Text verzichtet und sich schnell erklären lässt.

Das angegebene Mindestalter von 12 Jahren halte ich daher für realistisch. Um das Spiel etwas komplexer zu gestalten, sollte man auf jeden Fall mindestens eines der beiden Module verwenden. Besonders die Spezialisten sorgen für ein Umdenken der Strategie, da die Effekte doch ziemlich stark ausfallen und abwechslungsreich sind.

Kritisieren muss ich jedoch die Anleitung. Trotz der eigentlich simplen Regeln bedurfte es in unserer Runde ein mehrmaliges Lesen der Regeln, bis man diese verstanden hat. Das liegt vor allem an dem vielfältigen Spielmaterial was man erst einmal mit Namen zuordnen muss, aber auch an dem teilweise zu kurzen/ nicht ganz eindeutigen Erläuterungen. Um den Einstieg zu erleichtern, sollte man das Spiel einmal komplett aufbauen und sich erst dann den Regeln zuwenden. Hat man diese jedoch einmal verstanden, benötigt man die Anleitung aufgrund der Illustration so gut wie gar nicht mehr.

Mich konnte Steam Time trotz kleinerer Mängel voll überzeugen. Die Spannung ist vom Anfang bis zum Ende durchweg hoch und jede Aktion sollte gut überlegt sein. Das macht das Spiel vor allem für Strategen sehr interessant. Aber auch Familienspieler werden mit Steam Time viel Freude haben, da die Illustration gut durchdacht ist und damit ein ständiges Regelnachlesen unnötig macht.

Erscheinungsjahr: 2015
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: 90 min
Autor(en): Rüdiger Dorn
Verlag: Kosmos

Steam Time
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