Dorgasme_verpackungie Auswahl an Spielen, welche sich speziell dem Thema Sexualität widmen, sind sehr rar. Ich selbst kenne auch nur sehr wenige und meist schlecht umgesetzte Spiele, welche dieses Thema aufgreifen. Einzig das Spiel Privacy, bei dem es darum geht, anonym auf intime Fragestellungen mit Ja oder Nein zu antworten, konnte mich bisher überzeugen. Das könnte sich jedoch mit OrgasMe! ändern.
OrgasMe!, welches über Kickstarter innerhalb kürzester Zeit erfolgreich finanziert wurde, richtet sich exklusiv an Erwachsene. Ziel ist es, seine Mitspieler durch Aktionskarten zum Orgasmus zu bringen, diesen selbst jedoch so lange wie möglich hinauszuzögern, getreu nach dem Motto: Wer schnell kommt, kommt schlecht. Doch wie setzt man diese Idee in einem Kartenspiel um und macht das ganze Spaß?

Was steckt drin
OrgasMe! kommt in einer sehr kleinen, schlicht gehaltenen Verpackung daher. Lediglich der Spieltitel prangt in großen Buchstaben auf der Vorderseite und verrät, worum es in dem Spiel handelt. Man merkt bereits dem äußeren Design an, dass OrgasMe! salonfähig sein möchte. Keine dunklen Farben, betont kitschige, alberne oder gar obszöne Gestaltung wie man es sonst von Spielen vergleichbarer Thematik gewohnt ist. Stattdessen sollen fröhliche bunte Farben das Thema Sex verkörpern.
In der Verpackung befinden sich neben einer kurzen Anleitung schließlich die insgesamt 110 Spielkarten und das OrgasMeter, welches auf einer Skala von 0 bis 11 den jeweiligen Erregungsgrad der Mitspieler angibt.

Spielverlauf
Zu Beginn erhält jeder Mitspieler ein OrgasMeter. Darauf muss er einen kleinen (nicht mitgelieferten) Gegenstand stellen, welcher als Spielfigur dient.
Die Spielkarten werden auf zwei Stapel verteilt werden, die Vorliebenkarten und die restlichen Karten.

Alle Karten mit schwarzen Hintergrund repräsentieren die Vorlieben eines jeden Mitspielers. Von dem Stapel, der aus insgesamt 30 verschiedenen Karten besteht, werden zu Beginn vier Karten pro Spieler gezogen, von denen zwei Karten behalten werden dürfen. Diese werden offen ausgelegt und sind spieltechnisch vergleichbar mit einer Klasse bzw. Spezialfähigkeit. Außerdem wird man durch Aktionen der anderen Mitspieler, die dieser Vorliebe entsprechen, auch besonders erregt. Eine solche Karte enthält immer eine kleine Illustration, sie gibt die Neigung des Spielers vor (beispielsweise S&M, Romantik, Rollenspiele, …) und beschreibt einen Vorteil, welcher der Spieler über die gesamte Spieldauer hinweg erhält. So darf man beispielsweise mehr Karten nachziehen oder ist vor bestimmten Attacken der Mitspieler geschützt.

orgasme_rollenkarten

Die restlichen Spielkarten werden als Nachziehstapel sorgfältig gemischt. Darin enthalten sind die Aktionskarten, die Reaktionskarten und die Eventkarten.

Ein Spielzug beginnt stets damit, dass alle Spieler eine Karte ziehen. Der Spieler, der gerade am Zug ist, darf danach eine seiner Aktionskarten gegen einen beliebigen Mitspieler ausspielen, um dessen Erregungsgrad zu erhöhen. Dieser kann – sofern vorhanden – eine passende Reaktionskarte ausspielen, um die Attacke beispielsweise ungültig zu machen. Danach ist der nächste Spieler mit seinem Zug dran.

Nachfolgend möchte ich etwas näher auf die einzelnen Spielkarten eingehen.

Aktionskarten
Diese machen den Großteil des Spiels aus und sind bis auf ein paar Textfelder, welche den Inhalt der Karte beschreiben, vollständig illustriert. Sie werden benutzt, um andere Spieler zu attackieren, indem sie deren Erregungsgrad um jeweils 1 Punkt erhöhen. Im oberen linken Rand ist angegeben, zu welcher Kategorie diese Karte gehört. Die Karte Dog Slave gehört beispielsweise zur Kategorie Rollenspiele. Wenn man diese Karte gegen einen Mitspieler mit der Vorliebe Rollenspiele ausspielt, erhöht sich sein Erregungsgrad um einen weiteren Punkt, also um insgesamt 2 Punkte.

orgasme_aktionskarten

Reaktionskarten
Diese erkennt man an dem blauen Hintergrund und lassen sich als Reaktion auf einen Attacke eines Mitspielers ausspielen. Ein kleiner Kartentext verrät dabei, welchen Effekt diese Karte hat. Beispielsweise kann man Safe Word spielen, womit die Aktion des Mitspielers komplett unwirksam wird. Es gibt auch Karten, mit deren Hilfe man eine Gegenattacke spielen oder seinen aktuellen Erregungsgrad vermindern kann.

Eventkarten
Spielt man eine Eventkarte vor einer eigentlichen Aktionskarte, so wirkt sich deren Effekt nicht nur auf einen Spieler, sondern auf die gesamte Runde aus.

orgasme_reaktionskarten

Spielende
Sobald ein Spieler auf dem OrgasMeter elf Punkte erreicht hat, bekommt er einen Orgasmus und scheidet damit aus der laufenden Runde aus. Der letzte übrig gebliebene Spieler, der also am längsten durchgehalten hat, gewinnt OrgasMe.

Fazit
Die grundlegende Idee von OrgasMe! dürfte so ziemlich jeden bekannt vorkommen, nämlich zum Orgasmus zu kommen, aber dabei so lange wie möglich durchzuhalten, damit dieser intensiver ausfällt. Dies in einem Kartenspiel zu verpacken war sicherlich keine leichte Aufgabe, ist dem Autor allerdings gut gelungen.

Die Karten sind allesamt sehr schön illustriert und stellen die jeweils abgebildete Situation meiste treffend dar. Besonders dem verwendeten Comicstil möchte ich großes Lob aussprechen, denn dieser ist nett verspielt, und explizit zugleich. Auch braucht man keine Angst haben, falls jüngere Kinder zufällig das Spiel entdecken sollten. Pornografisch oder gar schmuddelig sind die Bilder nicht, denn auf keiner Karte ist ein Geschlechtsteil komplett unverdeckt abgebildet oder Sex in schockierender Art gezeigt. Gleichzeitig geht es in der Darstellung jedoch auch häufig weit über Blümchensex hinaus. Erfreulich ist, dass alle Geschlechterkombinationen vorkommen und kein Geschlecht an eine bestimmte Rolle gebunden wird. Man merkt, dass es dem Autorenteam ein wichtiges Anliegen ist, ein sexpositives und modernes Spiel zu kreieren, vielleicht sogar ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten – auch wenn der Spaß natürlich im Vordergrund steht.

orgasme_spielverlaufAlle Karten fühlen sich hochwertig an und finden dank dem Inlay auch ihren Platz in der Verpackung. Lediglich die größere Karte des OrgasMeter hätte aus robuster Pappe gefertigt werden können. Auch bei den fehlenden Spielfiguren muss OrgasMe Abstriche hinnehmen. Vermutlich hat das Team nicht mit einer so erfolgreichen Finanzierung gerechnet, ansonsten hätten sie sicherlich ein paar passende Spielfiguren mit beigelegt. Das mag zu verschmerzen sein, dennoch finde ich es schade, da diese dem Spiel nochmals einen unverwechselbaren Touch hätten geben können.

Was mir wiederum gut gefällt, sind die vielen kreativen Einfälle. Neben Migräne-Attacken, einem Fake-Orgasmus, oder dem Anruf von Mutti ist so ziemlich jede (peinliche) Situation enthalten. Auch die Aktionskarten bieten eine breite Fülle von Posen, Spielarten und Fetischen, wobei auch exklusivere Neigungen enthalten sind.

Das Prinzip, dass nicht nur der aktuelle Spieler, sondern alle Spieler eine Karte ziehen, finde ich passend. Anfangs ist man sehr vom Glück der jeweiligen Karte abhängig. Da sich die Kartenhand mit der Zeit jedoch fühlt, kann man später immer mehr planen und strategischer vorgehen. Natürlich sind der Schwierigkeitsgrad und die Komplexität nicht besonders hoch. Darum geht es in OrgasMe aber auch nicht. Im Vordergrund stehen der Spaß und die Interaktion mit den Mitspielern (interessante Gespräche inklusive).

Laut Verpackung ist OrgasMe mit 2 bis 6 Personen spielbar. Dem empfinde ich leider nicht so. Gerade zu zweit fühlt sich eine Partie wie ein hin und her an. Ein Spieler spielt eine Aktionskarte, der nächste spielt auch eine usw.. Erst bei größeren Runden ab 4 Personen kann man die Karten auch intelligent einsetzen und Spieler mit entsprechenden Neigungen passend zu den Aktionskarten ärgern. Am meisten Spaß macht das Spiel – wie so oft – mit der kompletten Spielbesetzung, bestehend aus 6 Personen.

Die Spielzeit mit rund 30 Minuten entspricht der Angabe. Da die Regeln sehr einfach sind, ist auch keine Einspielrunde von Nöten. Jedoch sei darauf hingewiesen, dass das komplette Spiel derzeit in englischer Sprache herausgegeben ist. Jedoch sind keine großen Englischkenntnisse erforderlich und sollten für die meisten Spieler kein Problem darstellen. Zumal auch nur die Vorlieben, Reaktions- und Eventkarten einen englischsprachigen Text enthalten. Die Aktionskarten lassen sich anhand der Abbildung eindeutig erkennen. Eine deutsche Spielübersetzung sollte laut Autor in nächster Zeit auf der offiziellen Website zu finden sein.

Mich konnte OrgasMe! aufgrund der tollen Illustrationen und witzigen Ideen überzeugen. Menschen, die mit ihren Freunden über Sexualität sprechen können, werden sicherlich das ein oder andere Gesprächsthema finden, über das man sich später noch unterhält. Auch als pfiffige Geschenkidee für seine Partnerin / seinen Partner ist OrgasMe unbedingt zu empfehlen, man sollte es später jedoch unbedingt in größerer Runde spielen.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was die Zukunft von OrgasMe! bringen wird. Anfang 2017 ist zudem ein Erweiterungspack geplant. Mal sehen, ob dies nur neue Karten sind oder auch wieder eine Innovation bereithält 🙂

Name: OrgasMe!
Spieler: 2 – 6
Alter: ab 18 Jahren
Dauer: 25 min
Autor(en): Michael Neumann

OrgasMe!
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