Der Papst wird im Freudenhaus erwischt, der kleine Sünder beeinflusst die päpstlichen Sündenerlasse, Der Kaiser landet im Fegefeuer und der Händler klaut den anderen seine Waren. Ja sind wir denn hier im Irrenhaus? Keineswegs! Wir spielen Klaus Zochs (und Rüdiger Kopfs) “Mea Culpa”, einem sündigen Brettspiel, in dem solche Ereignisse an der Tagesordnung sind.  

Bevor es losgehen kann, muss gebastelt werden. Wir stanzen pro Spieler je eine Spendentruhe und ein Kerbholz aus. Die Truhen sind zweiteilig und lassen sich leicht zusammenfalten. Sie halten ohne Kleber, aber ein kleiner Streifen Tesafilm sorgt für mehr Stabilität. Die Kerbhölzer werden zusammengerollt und dann mit zwei Klebestreifen fixiert.

Eigentlich hätte man anstatt der Kerbhölzer auch banale W6-Würfel nehmen können aber hier offenbart isch die thematische Nähe des Materials und der äußerst gelungenen grafischen Umsetzung. “Etwas auf dem Kerbholz haben” wird hier ziemlich wörtlich genommen. Die Kerbhölzer spielen in Mea Culpa eine wichtige Rolle. Zum einen werden sie zum Bieten eingesetzt, zum anderen bestimmen sie die anzahl der Stufen, die der größte Sünder der Runde in Richtung Fegefeuer hinabsteigen muss.

Damit sind wir auch schon mitten im Thema: Die erzkatholische (Irr-) Lehre von Sünden, Himmel und Fegefeuer.  Ca. im 16. Jahrhundert war es unter Kirchenleuten verbreitet, den sündigen Bürgern Ablassbriefe zu verkaufen, um von Ihren Sünden losgesagt zu werden. Das Geschäft brummte, so dass sich mit den Einnahmen große Kirchen erbauen ließen. Genau das ist auch das Ziel in Mea Culpa.

Das Spiel hat dabei eine originelle Paradoxie zu bieten: Um an die begehrten Ablassbriefe zu kommen, müssen die Spieler tatsächlich Sünden begehen. Nur die Kombination aller vier verschiedenfarbiger Briefe bringt genügend Punkte, um dem Fegefeuer in Richtung Himmel zu entkommen.

Eine Partie Mea Culpa beginnt mit einer Bietrunde um die Gunst von Papst, Kaiser, Händler oder dem kleinen Sünder. Alle Vier bringen unterschiedliche Privilegien mit, die in den verschiedenen Bereichen des Spiels eine Rolle spielen. Der Papst kann seine Papstsiegel in den drei Sündenpfuhlen  (Habgier, Wollust und kleine Sünden) bewegen und gegebenenfalls einen der drei Bereiche vor der Sühne bewahren. Er stattet auch gern dem Freudenhaus einen Besuch ab, will aber dabei natürlich unbekannt bleiben.  Der Kaiser ist reich und spendabel. Er kümmert sich um den Bau der Kirchen und spendet gern das Doppelte. Der Händler bekommt in jeder Runde eine Ware kostenlos und der kleine Sünder kann mit weniger Sühnesteinen mehr Sünden begehen.

Nachdem die Spieler sich die Privilegien dieser Protagonisten gesichert haben, geht es mit der Aktionsrunde weiter. Zur Auswahl stehen Ein- und Verkauf von Waren, Spenden für den Dombau und der Besuch des Freudenhauses.  Die Waren Brot, Wein, Tuch und Edelsteine (preislich aufsteigend) werden als Spende für den Dombau benötigt. Wer Geld raucht, kann jederzeit als eigene Aktion auch Waren wieder verkaufen. Manchmal wird kostengünstig am Markt ein seltsamer Stein angeboten, der in einen grünen oder roten Ablassbrief eingetauscht werden kann.

Immer wenn eine Kirche fertiggestellt ist, werden die Spendenschatullen der Spieler entleert und verglichen. Wer am meisten gespendet hat, bekommt auch die meisten Ablassbriefe. Blaue Briefe lassen sich nur auf diese Weise erstehen. Das Spenden selbst ist eine weitere mögliche Aktion der Spieler. Sie wählen eine Ware oder einen Geldbetrag und legen ihn in die Schatulle, die in zwei Fächer aufgeteilt ist: eins für die erste und eins für die zweite Kirche. Wenn diese fertig gebaut ist, endet auch das Spiel.

Die vierte mögliche Aktion ist der Besuch des Freudenhauses. Wer dort einen Vorteil in Anspruch nehmen möchte, muss sein Kerbholz höher drehen oder Steine in den Sündenpfuhl legen. Zum Erwerb des gelben Ablassbriefes ist sogar beides von Nöten. Aber es gibt ausnahmen: der kleine Bettler legt einfach zwei Sündensteine in den Pfuhl für kleine Sünden und ist somit vom Setzen des Kerbholzes befreit.

Der Papst darf gar völlig folgenlos sündigen, aber nur, wenn er nicht von den
anderen Spielern erwischt wird. Er hat auf einem Würfel den Raum festgelegt, den wer besuchen möchte. Erraten die Mitspieler, welcher Raum es war, muss der Papst sich offenbaren und für seine Sünden bezahlen.

Mea Culpa ist thematisch richtig gut umgesetzt, ausgezeichnet illustriert und besitzt einen hohen Unterhaltungswert, insbesondere dann, wenn man es mit Leuten spielt, die es nicht knallhart auf Gewinnstrategie anlegen. Ganz leicht zu erlernen ist das Spiel wegen seiner recht vielen Details nicht, aber der Spielfluss stellt sich spätestens nach der ersten Runde ein, da dann auch die Funktion des Freudenhauses klarer wird. Insofern würden wir es als Kennerspiel für Einsteiger zuordnen. Und episch ist es auch: Wer Mea Culpa gespielt hat, weiß, wie man dem Fegefeuer entrinnen kann.

Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Zoch
Autor: Klaus Zoch, Rüdiger Kopf
Illustration:  Franz Vohwinkel
Spieler: 2-4
Alter: ab 14 Jahre (wegen des leicht frivolen Themas. Spielerisch ab 10)
Dauer: ca 90 Minuten

Mea Culpa
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