il-vecchioWer von uns möchte nicht einmal ein “Il Vecchio” (im übertragenen Sinne ein “Großer Alter”) sein, der mit viel Geld und  Einfluss über die großen florentinischen Provinzen der Toskana herrscht.  Rüdiger Dorns “Il Vecchio“, erschienen 2012 bei Hall Games im Vertrieb von Pegasus Spiele, nimmt uns mit in die italienische Zeit der Medici und erlaubt uns, den Machtpoker um Florenz und seine wertvollen Provinzen zu erleben.

Die Spieler verfügen über eine Anzahl von florentinischen Familienmitgliedern, von denen einige in der Startaufstellung in verschiedene Städte auf dem Spielfeld gestellt werden. Dort halten sich in einigen per Zufall bestimmten Orten neutrale Mittelsmänner auf., die, falls man ihnen begegnet, uns mit allerlei nützlichen Dingen versorgen.

Zur weiteren Startausstattung der Spieler gehört neben den Familienmitgliedern, von denen zu Beginn ein Teil noch nicht auf dem Spielbrett eingesetzt ist, noch ein wenig Geld, ein Bischofs-Marker und eine Kutschen-Marke. Zudem erhält jeder Spieler eine Vorteilskarte aus dem Stadtrat von Florenz, die ihm bei einer der Aktionen Erleichterung bringen kann.

il-vecchio-brettspielWer am Zug ist, kann wählen, ob er eines seiner Familienmitglieder auf das Spielfeld einsetzen möchte, es bewegen und/oder aktivieren möchte oder ein Familienmitglied  in der Hauptstadt oder einer Provinz zur Wertung bringen möchte. Das Einsetzen der noch nicht im Spiel befindlichen  Familienmitglieder bietet sich in der frühen Phase des Spiels an, um die eigenen Aktions-  Möglichkeiten zu erhöhen und mehr Kontrolle über Aktionen der Mitspieler zu bekommen. Der Spieler würfelt dabei mit zwei Würfeln und setzt die Spielfigur in eine Stadt derjenigen Region, die der gewürfelten Zahl entspricht. Bei einer 7 darf er frei wählen.

Besteht kein Bedarf an neuern Familienmitgliedern oder sind alle in den Orten untergebracht, werden diese auf dem Wegenetz der Regionen bewegt. Die Beförderung von einer Stadt in die Nachbarschaft ist allerdings mit einem Gold pro Streckenabschnitt  kostenpflichtig.

Die Reise muss sich also lohnen und das tut sie, wenn am Zielort ein Mittelsmann wartet. Diese Mittelsmänner unterscheiden sich in verschiedene Gruppen. Zum einen gibt es die Gefolgsleute Ritter, Mönch und Meuchler. Aktiviert der Spieler einen dieser drei, erhält er einen entsprechenden Marker. Dieser, oder eine Kombination der drei, wird für den Eintritt in eine der Provinzen benötigt.

In die Hauptstadt Florenz kann ein Familienmitglied nur gelangen, wenn ein bestimmter Bildungsgrad nachgewiesen werden kann. Dies geschieht durch das Vorweisen von zwei Schriftrollen als Eintrittsgeld. Danach setzt der Spieler seine Spielfigur entweder in den Stadtrat oder in den Adel von Florenz. Letzteres bringt Siegpunkte in der Schlusswertung, während Ersteres weitere Aktionsvorteile für den Spielverlauf  bringt und sich daher eher in einem frühen Stadium des Spiels rentiert.

Neben den Gefolgsmännern und den Schriftrollen bieten die Mittelsmänner auch noch kostenlose Kutschfahrten an, die eine Reise zu einem beliebigen Ort möglich machen. Zudem sorgt der Einsatz von Bischofsmarkern dafür, dass der Mittelsmann am Ort der Begegnung  verbleibt und nicht in die nächste Provinz weiter zieht. Dies würde er nämlich tun, wenn die Übergabe der Marker durchgeführt worden ist.

Ein Familienmitglied, das mit einem Mittelsmann zusammentrifft,  ist von der Begegnung so beeindruckt, dass es sich erst einmal zum Schlafen hinlegen muss. Ausnahme, nach Abgabe einer Bischofsmarke bleibt die Figur wach.  In einer gesonderten Aktion ist es zu einem beliebigen Zeitpunkt möglich, alle schlafenden Familienmitglieder gleichzeitig aufzuwecken und sie somit wieder einsatzfähig zu machen.

Wer genügend Geld und passende Marker gesammelt hat, um eine der Provinzen oder die Stadt Florenz zu betreten, kann dorthin reisen und sein Familienmitglied gegen Einlösen der geforderten Marker auf das entsprechende Siegpunktfeld stellen. Für den weiteren Spielverlauf steht dieses Familienmitglied nicht mehr zur Verfügung.

In den drei Provinzen gilt das Prinzip “Wer zuerst kommt mahlt zuerst”. Die meisten Siegpunkte und den günstigsten Eintrittspreis bekommt derjenige, der als erster dort sesshaft wird.

Hat man das etwas gewöhnungswürdige Prinzip des Reisens, Schlafens und Aktivierens  erst einmal verstanden, eröffnet sich mit Il Vecchio ein abwechslungsreiches Taktikspiel. Wo stelle ich meine Leute am besten auf, um kurze Wege zu haben oder gar möglichst bald mit einem der Mittelsmänner zusammen zu treffen?  Sollte ich zuerst nach Florenz gehen oder in ein Provinzstädtchen einziehen? Denn auch die gleichmäßige Verteilung der Familienmitglieder auf alle Provinzen und die Hauptstadt bringt am Ende zusätzliche Siegpunkt- Erträge. Dies sind Fragen, die schnelle und kurzfristige Entscheidungen erfordern und das Spiel dadurch spannend gestalten..

Wann ist das Spiel zu Ende? Die Steuerung des Spielendes wird über kleine Medici – Wappen vorgenommen, die ein meist negatives Ereignis auslösen sobald sie aktiviert werden. Nach einer der Spieleranzahl angepassten Zahl von gewerteten Wappen endet das Spiel mit dem Abschluss der aktuellen Runde.

Gemächlich geht es nicht gerade zu bei Il Vecchio, denn Eile ist geboten, so man eine gute Siegpunkte  –  Rate erwischen möchte. Wer früh eine der Provinzen belegt, wird mit mehr Siegpunkten belohnt, als später anreisende Übernachtungsgäste.  Dieser Wettlauf wird gewürzt mit einem pfiffig angewendeten Spielmechanismus, dem Aktivieren und Weiterbewegen, was die Spielsituation immer wieder verändert. Dieser Wettlauf funktioniert auch zu zweit sehr gut.

Die angenehm kurze Spielzeit von gut 60 Minuten und das einfache Spielprinzip machen Il Vecchio zu einem guten Einstieg in das Format der Kennerspiele. Beim Spielmaterial ist zu bemerken, dass Il Vecchio völlig ohne Karten auskommt. alle funktionalen Elemente sind durch stabile Papp-Marker abgedeckt. Der Spielplan besitzt zwei grafisch unterschiedlich gestaltete Seiten, die jedoch keine Varianten im Aufbau der Regionen haben. Warum eigentlich nicht? Eine leichte und eine schwere Seite hätten dem Spiel sicher gut angestanden, zumal eine der beiden Seiten so kontrastarm ist, dass die Unterscheidung der Regionen hier sehr schwer fällt.

Bei der Spielanleitung kommen wir wieder auf einen Punkt, der auch bei anderen Spielanleitungen leider sehr oft vorkommt: Die Terminologie. Hier hat sich nach unserem Verständnis ein Bezeichnungsfehler eingeschlichen: Wir sprechen von Florenz als der “Hauptstadt”, den Städten Mailand, Venedig und dem Kirchenstaat als “Provinzen” und der in “Regionen” mit verschiedenen “Orten” aufgeteilten Toskana auf dem Spielplan.

Eine Siegbedingung auf einem der Adelsplättchen heißt: “Der Spieler erhält 3 MP für je 2 Familienmitglieder in den Regionen” eine weitere heißt: “Der Spieler erhält 5 MP für je 3 Familienmitglieder in den 3 verschiedenen Regionen.” – In beiden Fällen glauben wir, dass es “Provinzen” hätte heißen müssen.

Bis auf diese kleine Ungenauigkeit können wir Il Vecchio all denjenigen empfehlen, die eine lange Spielzeit scheuen, aber dennoch ein wenig Kennerspiel –  Luft schnuppern möchten.

Erscheinungsdatum: 2012
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 12   Jahre
Dauer: ca 60 Minuten
Autor(en): Rüdiger Dorn
Grafik: Andreas Resch
Verlag: H@ll Games / Pegasus Spiele

 

Il Vecchio
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